Johannes Enders feat. Nils Petter Molvaer
Eine Produktion, die einmalig bleiben wird
Die beiden stehen in den vordersten Reihe des europäischen Jazz und kommen zu uns mit “Enders Dome”, einer Produktion, die einmalig bleiben wird, weil sie sich ihre Musik nicht im Raum erarbeiten, sondern mit dem Raum.
Eine Anrufung und Anhörung von dem, was alles mitklingt, sie bearbeiten es, aber sie modeln daraus nicht noch so eine Collage von Kirchenmusik plus jazzigen Girlanden, sie suchen einen Nachhall in elektronischer Musik. Wird ein großer Abend.
Ist ein Kirchenraum heilig? Nicht deshalb, weil zwischen den Steinen geheime Kräfte hausen würden, Mörtel ist nicht magisch. Heilig ist ein Kirchenraum, wenn er geheiligt wird von denen, die in ihm sind:
“Mich hat der sakrale Raum schon immer fasziniert”
sagt Enders, dessen Kunst zuerst darin besteht, sich faszinieren zu lassen:
“Ich bin offen für alle Gefühlswelten. So ein Kirchenraum hat den Vorteil, dass die Zeit stehen bleibt. Kirchenräume sind und waren stets Orte, an denen man nach Antworten sucht. Ich habe immer das Gefühl, dass man heute viel zu schnell seine Suche aufgibt.”
“Enders Dome”, das Album, bei Intuition erschienen, hat der derzeit wohl einflussreichste Saxophonist in einer schmucklos romanischen Kirche in Bayern eingespielt, das dort gewonnene Material dann aber im Studio nochmals bearbeitet. Kirchenraum trifft auf die Welt der Technik, Enders – der ECHO-Jazz-Preisträger mag das Etikett Nujazz nicht, steht aber dafür wie sonst nur Bugge Wesseltoft – Enders hört dem nach, was nachklingt im Ton, der im Kirchenraum steht:
“Irgendwann entstand eine Schnittstelle zwischen Kirchenraum und Elektronik. Die Sounds aus der Kirche brachten mich auf so viele Ideen, dass ich es schade gefunden hätte, nicht auch diesen anderen Raum zu öffnen. Die Kirche ist der Ausgangspunkt.”
Enders Ausgangsfrage:
“Welche Musik würde heute in so einen Kirchenraum passen?”
Wie kann, was mitschwingt im Raum – liturgischer Gesang, Alte Musik, Bachs Polyphonie – wie kann es mitgehört werden, ohne dass es nachgespielt würde?
“Mich trieb die Frage um, wo ich selbst gegenüber so einem kargen Raum stehe, ohne mich ablenken zu lassen.”
Gute Frage, gut für die Musik [und die Theologie, die durch Musik entsteht]. Der Raum reagiert, er antwortet. Kein Raum ist Gott, das ist klar, was sich hören lässt, ist nicht Gottes Stimme oder vielleicht doch. Entscheidend ist, der Kirchenraum antwortet anders als andere Räume es tun. Die Stimmen derer, die vor uns waren, hallen nach:
“Auf ‘Enders Dome’ habe ich versucht, an gar nichts zu denken. Auch beim Komponieren besann ich mich auf meine abendländische Identität. Da spielen Kirchenräume eine prägende Rolle. Ich komme aus einer sehr gläubigen Familie.”
Vielleicht lässt sich, was Enders meint, so übersetzen: Glauben heißt, Hören lernen. Und das hat nichts damit zu tun, hörig zu werden, sondern damit, im Hören aus sich selber herauszutreten, griech. ex-histasthai, davon das Wort Ekstase:
“Ekstase wohnt in den Zwischenräumen.”
Sagt Enders. Großartiger Satz. Was er mit ekstatischem Hören meint, ließe sich ebenso an dem entlang erzählen, wie Nils Petter Molvaer über seine Musik spricht. Der norwegische Trompeter zählt ja nun seinerseits zu den Großen des Jazz, weigert sich aber, auf einen Jazzer festgelegt zu werden. Molvaer:
“Jazz ist mittlerweile eine Mischung aus vielen Dingen. Im Grunde ist es mehr eine Lebenseinstellung als ein Musikgenre. Jazz bedeutet offen und frei zu sein, interaktiv. Es geht darum, Dinge auszuprobieren.”
Wird ein großer Abend werden. Wir veranstalten ihn zusammen mit nrwjazz.net, dem Netzwerk, das für die Kultur des Ruhrgebiets so wichtig ist wie das Autobahnnetz für den Verkehr. Gefördert wird sowas allerdings nicht, this is Detroit, das heißt, wir haben die Tickets mit vollem Risiko kalkuliert.
>> 23 Euro inkl. Geb. | 1/2 Preis für alle bis 25 Jahre | 1/2 Preis für alle Mitglieder von nrwjazz.net
>> Johannes Enders – Reeds
Nils Petter Molvaer – Trumpet
Andy Lutter – Church Organ
Gregor Hilbe – Drums/Electronics