Bugge Wesseltoft
It’s Snowing On My Piano | 18. Dezember
Definitive Empfehlung! Gibt keinen anderen, der in der Lage wäre, ein solches Gefühl zu wecken, so atmosphärisch dicht. Und das mit einer Musik, von der man denken möchte, sie sei ausgedeutet: Wesseltofts Solo, sagen manche, sei die einzige Weihnachtsmusik, die sie überhaupt noch hören könnten. Mit dem Risiko allerdings, sich darin zu verlieren.
Oder wie es die WAZ einmal mit leichtem Understatement schrieb:
„In ihrer fast überirdischen Schönheit ist dies die größte Weihnachts-CD, die der zeitgenössische Jazz je hervorgebracht hat.“
Nils-Landgren-Fans können solche Superlative nachvollziehen: Wesseltoft – er hat das erste Christmas-With-My-Friends-Album mit eingespielt – kann Unmögliches, er kann Weihnachten ohne Kitsch.
Wie er das macht? Rätselhaft. Wesseltoft – so viel lässt sich mit Gewissheit sagen – ist Mastermind des europäischen Jazz, auf ihn vor allem geht der Nujazz zurück, die Versöhnung von Jazz und Elektronik. Aber das alles spielt hier keine Rolle, hier geht es um ein vertrautes Musikmodell, Bugge sitzt am Flügel und drückt ein paar Tasten, es sind nie viele und nie sehr schnell, es passiert nicht viel – und doch passiert etwas, von dem sich nicht sagen lässt, was es ist, es ist so: Man sitzt und hört und wird entrückt.
Umso erstaunlicher, dass Wesseltoft – sein Solo ist das best-verkaufte Album bei ACT! – dieses Über-Programm so gut wie nie live überbringt. 2010 hat er einmal fünf Konzerte gegeben europaweit, eines davon bei uns, jetzt kehrt er zurück. Ein Geschenk, eine vorbehaltlose Empfehlung.
>> Donnerstag, 18. Dezember, 20 Uhr
>> VVK 20 EUR zzgl. Gebühren | 1/2 Preis für alle bis Jahre!
>> Tickets hier
>> mehr Infos auf unserer Seite
Mastermind Bugge und der Nujazz
Der Norweger, 1964 geboren, ist einer der wichtigen Impulsgeber für den europäischen Jazz: Mastermind einer ganzen Generation von Musikern, die Elektronik mit Jazz verschmelzen:
“Walking on stage with only an electronic beat as the basic element in a song. It leaves it all up to us to create spontaneous music and a good spirit. I say it’s jazz.”
Seine New Conception of Jazz hat er einmal im Interview mit Jazzthetik als ein “Gefühl für Trance” beschrieben, das er der Maschine verdankt und seiner Improvisation erschließt:
“Das Programming ist die Voraussetzung für Improvisation. Improvisation setzt ein, wenn alle notwendigen Sounds zur Verfügung stehen.”
Und dann beginnt, was der Elektronik Leben beibringt:
“Für mich war es geradezu eine Erlösung, als ich herausfand, dass man auch mit Technologie improvisieren kann. Electronics klingen stets dann interessant, wenn man sie über ihre Grenzen hinausführt. Ich habe viel über die Kombinationen beider Klangprinzipien gelernt. Man muss dabei vorsichtig sein, denn noch langweiliger als eine endlose Solo-Improvisation ist eine endlose Improvisation über einer Drum-Machine. Wir sind immer noch ganz am Anfang der Möglichkeiten, die sich aus der Kombination von akustischer und elektronischer Musik ergeben. Allein schon deshalb, weil sich die Technologie rasant weiter entwickelt.”
Das sagte er 2004, da hatte er mit seinem Label Jazzland der Szene längst eine eigene Plattform geschaffen. Das Ziel: künstlerische Freiheit abseits des Mainstreams ermöglichen.
“Meine Generation und die jüngeren Musiker haben erkannt, dass es möglich ist, künstlerische Eigenständigkeit zu bewahren und trotzdem Anerkennung zu finden.”
Gleichzeitig arbeitet Wesseltoft seit vielen Jahren mit ACT Music zusammen, dem Label, das sehr erfolgreich darin ist, Jazz in den Strukturen des Pop zu vermarkten. Auch “It’s Snowing On My Piano” geht auf eine Initiative von Siggi Loch zurück, dem Act-Produzenten: Der hatte das gleichnamige Bild des amerikanischen Künstlers Ardy Strüwer 1997 in der Wohnung von Nils Landgren gesehen und Wesseltoft am nächsten Tag gebeten, übr dieses Bild doch einmal etwas zu improvisieren – “with Christmas in my mind”. Ein paar Wochen später trafen sie sich im Studio, Bugge hatte seine kleine Tochter dabei, setzte sich an den Flügel, nahm Maren auf den Schoß und begann …
Das Album wurde mit Hymnen überschüttet, jetzt ist es – noch vor e.s.t. – das bestverkaufte bei ACT, mit Platin geehrt usw., aber das erklärt alles nichts: Es ist Minimal-Art und große Kunst und unerklärlich.