Kultur & Theologie

Ein Dogma gegen alle Dogmen

Peter Murphy solo

Peter Murphy (c)

Türkei? Islam? Nicht eben gut beleumundet derzeit. Anders Peter Murphy, „Godfather of Goth“, Antlitz des Dark Wave, Stimme von BAUHAUS und einer Musik, von der man denken könnte, sie beschalle den Nihilismus:

Murphy ist seit langem mit einer Türkin verheiratet (ich auch!), lebt in Istanbul (ich nicht) und ist vom katholischen zum islamischen Glauben konvertiert (ich weder noch):

„I was brought up Catholic, and a strong believer. I always had faith in God. When I moved into a Muslim environment I recognized the same message. There was no conversion, just a recognition that it was the same message, only clearer. You don’t convert, you discover an aspect of surrender, which is what Islam means.” 

Ist das naiv?

Der Mann bringt es einem bei zu unterscheiden. Er sympathisiert mit keinem Islam, den man orthodox nennen könnte, sämtliche Islam-Verbände in Deutschland würden unglücklich werden mit ihm. Er bekennt sich zur spirituellen Tradition des Islam, zum Sufismus. Keine Schule, kein Lehrgebäude, kein Glaubenskatalog  –  Sufismus, sagt Murphy, ist „just in the air“. In der türkischen Luft.

Kürzlich hat Stefan Weidner in der SÜDDEUTSCHEN dargelegt, „warum der Sufismus gar nicht so friedlich” sei wie erhofft und keineswegs so liberal, wie es sich viele seit Goethe erträumen: Sufi-Orden seien weder a-politisch noch progressiv, die mystische Tradition habe immer wieder nach der Macht geschielt, und eben diese „Verbindung von Macht und Mystik“ sei  –  an dem Punkt hat Weidner definitiv recht  –  fatal.

Daraufhin hat Ilija Trojanow in der FAZ geantwortet und gefordert, man müsse die Sufi-Tradition „unterstützen und fördern“, sie sei der „Hauptfeind des islamischen Fanatismus“, gegen keine andere Tradition werde der islamistische Krieg „so brutal, so eliminatorisch“ geführt: „Die Sufis sind die wichtigsten Gegner der Fundamentalisten. Wo sich ihr Einfluss hält, wird der Extremismus in Schach gehalten.“

Jetzt Peter Murphy, er, der Sufi, stellt fest:

“It’s not really clear what Sufism is.”

Und das ist der Punkt: Der eine – Stefan Weidner – identifiziert den Sufismus mit ganz bestimmten Sufi-Orden und verabschiedet ihn, der andere – Ilija Trojanow – macht dasselbe, nur mit entgegen gesetzter Intention, er will Sufi-Organisationen fördern. Murphy ist der, der religionspolitisch liberal denkt:

“It’s not really clear what Sufism is, but it’s almost like the inner – or the esoteric – aspects of Islam. There’s a famous saying that I like a lot, by Idries Shah, a Sufi writer of the West: ‘If you find somebody that calls themselves a Sufi, they’re not.’”

Großartig. Ein Satz wie ein Dogma gegen alle Dogmen.


PETER MURPHY | „STRIPPED“

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