Kultur & Theologie

“So wild hasst man sich nur in der Familie”

“Universal Soldier”: Donovan live

Cover von Donovan” “Gift From A Flower To A Garden” 1968 | Foto Karl Ferris (cc)

“He’s the Universal Soldier and he really is to blame / His orders come from far away no more / They come from here and there and you and me / And brothers can’t you see / This is not the way we put the end to war.”

Donovan hat schon damals, als Verschwörungstheorien eher von links kamen als von rechts, den Ball zurück gespielt in die Demokratie: Der Universal Soldier, eben noch von Cäsar und Hitler befehligt, erhält seine Aufträge inzwischen von you and me. Und das macht die Sache womöglich schlimmer:

“Ein Krieg zwischen Pazifisten”, hatte Max Scheler 1917 bemerkt, als der I. WK tobte, “er wäre der Idee nach der unritterlichste, furchtbarste, der hasserfüllteste und grausamste Krieg, der sich denken lässt.” Warum?

Weil der Hass der einzige Antrieb ist, der einen dazu bringt, beides zu verraten, die eigene Überzeugung und das eigene Interesse. Dieser Gedanke von Scheler  –  seine Schrift insgesamt ist entschieden problematisch, “Ursachen des Deutschenhasses” heißt sie  –  dieser Gedanke darin irritiert noch heute:

“Das ungeheure Hassquantum, mit dem Terror und Krieg geladen sind, ist ein Zeichen von zweierlei: wie eng diese Welt schon zusammengewachsen ist und wie unkriegerisch der fortschreitende Kapitalismus die Menschen gemacht hat. So wild hasst man sich nur in der Familie.”

Im Zusammenhang lautet der Abschnitt:

Ein Krieg zwischen Pazifisten  –  er wäre der Idee nach der unritterlichste, furchtbarste, der hasserfüllteste und grausamste Krieg, der sich denken lässt. […] Der gegenwärtige Krieg ist darum der furchtbarste und unsittlichste Krieg, den die Geschichte kennt, da er im großen ganzen gesehen ein Krieg der stark pazifizierten, unkriegerischen und hochkapitalisierten Völker Europas ist  –  ein Krieg der Völker selbst, nicht nur ihrer Heere, Dynastien und Regierungen -, nicht auch ein Krieg vorwiegender Standesheere, sondern vorwiegender innerlich demokratisierter Volksheere.

Je kriegerischer das Ethos irgendwelcher Gruppen, desto weniger bedürfen diese Gruppen des Hasses als Antrieb, um sich im Kriege gut zu schlagen. Den typischen Bourgeois kann man daher fast definieren als einen Mann, der hassen muss, um Krieg zu führen. Das ungeheure Hassquantum, mit dem dieser Krieg geladen ist, ist ein Zeichen von zweierlei: wie eng die Teile Europas schon zusammengewachsen waren und wie unkriegerisch der fortschreitende Kapitalismus und der Materialismus der Lebensführung den typischen Durchschnittseuropäer gemacht haben. So wild hasst man sich nur in der Familie.

[…] so paradox es klingen mag: gerade die überwiegend pazifische Einstellung der europäischen Völker vor dem Krieg samt der Ideologie dieser Einstellung ist (…) die Hauptursache dafür, dass der Völkerhass in diesem Kriege so sehr viel größer ist als bei anderen Kriegen der Geschichte.

Max Scheler, Die Ursachen des Deutschenhasses. Eine nationalpädagogische Erörterung; Leipzig 1917


DONOVAN | THE SONG OF THE SEA

» Mittwoch 07. März 2018 | 20 Uhr