Verlust und Glaube
Chorwerk Ruhr: Konzert zum Totensonntag
Kein Automatismus, der Titel des Konzerts folgt keiner Wenn-Dann-Logik. Als sei der Tod eines geliebten Menschen der Ampelstart des Glaubens. Als könne Glauben gegen Trauer helfen wie Aspirin gegen Schmerz. Wenn ein Mensch, der geliebt wird, stirbt, und wenn die Liebe, die ihm gilt, durchs Leben irrt und keinen Ort findet, an dem sie sich niederlassen könnte, weil überall bereits wer anders sitzt, der Tod, die Leere, der Verlust, wenn es so ist, dann ist Glaube ein Aufschreien, kein Einstimmen. Der Tod, sagt der Glaube, ist ein Skandal.
Dabei kommt nichts so natürlich daher und so alltäglich wie der Tod, der große Gleichmacher. Ihn als Skandal zu denunzieren, wie es die Bibel tut, die große Gleichmacherei nicht als selbstverständlich hinzunehmen, diese Sicht auf den Tod gibt der Glaube frei, er widerspricht. Wer glaubt, will nicht zum Mitläufer werden im Kreislauf der Natur, sondern hofft darauf, einmal auszubrechen aus ihm.
Und hält sich dabei an den Einzelnen, den Ungleichen. Den Menschen, der im liebenden Blick unverwechselbar erschien und einzigartig. Und der im trauernden Blick, dem Blick zurück, einzigartig erscheint und unverwechselbar. Trauer diskreditiert die Idee, dass sich die Individualität eines Menschen in einem Meer unsterblicher Seelen auflösen könne wie Salz in einer Lake. Sie hofft nicht auf das, was werden könnte, sondern hält sich an das, was war: Wollte Gott, ich wäre für dich gestorben! O Absalom, mein Sohn, mein Sohn!