Kirche der Kulturen

andere über uns (II)

Jörg Maria Welke über den Abend mit Deine Lakaien

Alexander Veljanov in der Christuskirche by Olaf Rauch (c)

JÖRG MARIA WELKE im Feuilleton des MEDIENHAUSES BAUER:

“Klassisch ausgebildeter Dirigent, Pianist, Komponist und Kapellmeister der eine. Theater/Filmwissenschaftler, Gothic-/Dark-Wave-Fan und mit einer überwältigenden Naturstimme gesegnet der andere. Ernst Horn, der vom klassischen Musikbetrieb Gelangweilte, lernte den rastlosen Studenten Alexander Veljanov per Inserat kennen. Horn suchte einen experimentierfreudigen Sänger für ein Bandprojekt, das seine Vorliebe für elektronische Musik mit seinen klassischen Wurzeln vereinen sollte. Es klickte auf Anhieb – seit 1985 sind Veljanov und Horn Deine Lakaien. Was sie gemeinsam mit vielen hochkarätigen Gastmusikern in knapp 35 Jahren geschaffen haben, ist ohnegleichen und kann ohne Übertreibung jetzt schon als großes Vermächtnis der Musikgeschichte bezeichnet werden.

Die Tonsprache der Lakaien ist ein homogener Mix aus Pop, klassischer und elektronischer Avantgarde, aus dezenten Mittelalter-, Folkund dunkel dräuenden Goth-Elementen. Die von beiden verfassten eindringlichen Texte sind melancholisch verschattete Momentaufnahmen aus mal lebenstrunkenen, mal abgründig verkarsteten Seelenlandschaften.

Fangemeinde ist schlicht überwältigt

Das alles ist herrlich komplex und verführerisch einschmeichelnd zugleich. Und es funktioniert auf verblüffende Weise auch ganz reduziert: Ein präparierter Flügel und eine Stimme genügen, um den ganzen magischen Lakaien-Kosmos heraufzubeschwören. So geschehen am Mittwochabend vor einem hoch konzentrierten Publikum in der Bochumer Christuskirche, diesem immer wieder beeindruckend atmosphärischen Spielort.

Ernst Horn am Thürmer-Flügel der Christuskirche by Adam C. Glagla (c)

Dort gastierten die Lakaien im Rahmen ihrer Acoustica- Tournee gemeinsam mit zwei musikalischen Ablegern. Horn betreibt seit 2001 gemeinsam mit der Sopranistin Sabine Lutzenberger das Studioprojekt Helium Vola, in dem sie Mittelalter-Lyrik mit tanzflächenorientierten Electronic-Sounds verknüpfen. Sie eröffneten das Mini-Festival mit einer knapp dreiviertelstündigen Songfolge, die einen repräsentativen Querschnitt ihres Oeuvres bot. Dank des von Horn fantasievoll präparierten, mit perkussiver und rhythmischer Energie gespielten Flügels gelang die instrumentale Rückführung auf die rein akustische Ebene ganz famos.

Das Set endete mit einem Duett von Lutzenberger und Veljanov, das elegant zum etwa gleichlangen Auftritt Veljanovs mit Songs aus seiner parallel laufenden Solokarriere überleitete. Dem Britpop zugewandtes Songwriting verschmolz mit einfühlsam in den Raum entlassenen Klavier- und Gitarrenklängen (Igor Zotik und Goran Trajkoski), die Veljanovs ungemein flexiblen Bass-Bariton in elysische Gefilde trugen.

Mit gleicher, weißglühender Intensität dann nach der Pause Deine Lakaien. Wer schon immer wissen wollte, was ein Flügel in puncto Klangerzeugung zu leisten vermag, wurde bei diesem gemeinsamen Streifzug Horns und Veljanovs durch drei Jahrzehnte Bandgeschichte aufs Vortrefflichste belehrt.

Elf starke Titel, drei Zugaben, Hunderte überwältigte Fans: Ein großartiger Konzertabend!”