11. September 14:46 h
Über die Gewissheit, die sagt, das soll nicht sein
Im September 2001 ist etwas geschehen, das nie zuvor geschehen ist: Für einen Moment im Leben dieser Welt waren die Menschen in Mitgefühl vereint.
In einem Gefühl, das, wen immer man heute fragt, so gut wie jedermensch erinnern kann. Wie es war, als einen die Nachricht erreichte. Als es unmöglich wurde, das Leiden der anderen routiniert zu verpacken, dies eine Mal ging es unmittelbar an.
Und ging zügig vorüber, dieser eine Moment. Wenig später erklärte der kanadisch-britische Philosoph Ted Honderich, 9/11 habe einen neuen kategorischen Imperativ aufgegeben:
“Handle jederzeit so, dass es die Maxime deines Handelns ist, unvermeidliche Tötungen auszuführen, um auf das Unrecht des Westens hinzuweisen …”
Ein verwahrlostes, ein unterwürfiges Denken. Seine Spur zieht sich von Suhrkamp-Autor Honderich zu Suhrkamp-Autor Achille Mbembe, der hat den Terror gegen Israelis zu einer “Vision der Freiheit” erklärt – wer einen Bus mit israelischen Schülern in die Luft sprengt und dazu sich selbst, sei ein “Arbeiter im Zeichen der Zukunft”, so Mbembe – und zieht sich weiter zu Anthony Dirk Moses, der möchte es völkerrechtlich legalisieren, wenn Terror-Firmen wie Hamas eine Zivilbevölkerung – die israelische – wahllos mit Raketen belegen.
Terror mordet Denken. Eine Ahnung davon hat auch die Wochen nach 9/11 geprägt: dass der Terror darauf zielt, eine Idee auszuradieren. Dagegen aber hat sich vor zwanzig Jahren diese eine Erfahrung gestemmt: dass überall auf der Welt – fast überall – Menschen unangeleitet und spontan mit demselben Entsetzen reagiert haben auf die Bilder aus New York und mit derselben Gewissheit, die sagt: Das soll nicht sein.
Daran zu erinnern, läuten jedes Jahr an 9/11 die Glocken der Christuskirche von 14:46 bis 15:03 Uhr, sie läuten nur einmal im Jahr in der Hoffnung, dass Terror eines Tages für immer geächtet werden kann.