„Sie will nur Gerechtigkeit“
Der Iran, das Kopftuch und Khadijeh Moghaddam
Im Iran wurde die 22jährige Mahsa Amini von den „Sicherheitskräften“ des Regimes, der „Moralpolizei“, zu Tode geprügelt. Ihr Kopftuch war nicht vorschriftsgemäß gebunden.
Vor elf Jahren hat die Menschenrechtsorganisation Iran Freedom gemeinsam mit uns den „Bochumer Menschenrechtspreis“ gestiftet, erste Preisträgerin war – laudatiert von Shirin Ebadi, Friedensnobelpreisträgerin – Khadijeh Moghaddam, Gründerin der “Mütter vom Laleh-Park”, einer Initiative von Frauen, die öffentlich um ihre vom Regime erschlagenen Kinder und Männer trauern. Stumm, aber sichtbar, der Laleh-Park ist ein hoch frequentierter Park im Zentrum von Teheran. Weitere Trauernde schlossen sich ihnen an, so etwa die „Mütter des Gefängnisses von Khavaran“, sie weinen seit 1988 um ihre Liebsten. 1988 hatte das Regime 4000 politische Gefangene bestialisch ermordet und verscharrt. Die Geschichte des iranischen Regimes erzählt sich in Massakern.
In ihrer Rede in der Christuskirche rief Khadijeh Moghaddam vor Jahren schon Dutzende Namen auf, die für Tausende andere stehen, denen der Preis gehöre, den sie entgegennahm, nachdem sie selber, vom Regime verfolgt, aus dem Iran fliehen musste. Vor dem Mut all dieser Frauen kann man sich nur tief verbeugen. Tausende, die auch jetzt wieder ihr Leben riskieren, indem sie sich das Tuch vom Kopf reißen, ein Stück Stoff, das hierzulande als Werbetool dient, wenn man sich selber als divers darstellen und Image machen will. Für was auch immer, Religion, Moral, Geschlechterrollen? Freiheit, Identität, Konsumentendasein? Oder doch eher für Repression, Moralpolizei, religiöses Regime?
Das Kopftuch lässt freie Wahl, wie man es deuten und was man in ihm sehen mag. Eine fatal freie Wahl – letztes Jahr hatte der Europarat eine europaweite Werbekampagne fürs Kopftuch initiiert, Überschrift: “Beauty is in diversity as freedom is in hijab”, übersetzt Vielfalt ist Schönheit, Kopftuch ist Freiheit. Die orwellsche Kampagne ging nach hinten los, sie wurde gestoppt. Mahsa Amini ist nicht frei, sie ist tot.
Khadijeh Moghaddam hat die lange Geschichte der Frauen erinnert, die ihr Leben lang aufbegehren gegen das Regime und die hier kein Mensch kennt, ihre Rede in der Christuskirche schloss so:
„Ich fühle mich sehr geehrt, diesen Preis einer Mutter zu schenken, deren Name ist Behkish, sie ist die Mutter vieler politischer Gefangener vor der Revolution, sie gehört zu den ‚Müttern des Gefängnisses Khavaran‘ und zu den ‚Müttern des Laleh-Parks‘. Sie ist jetzt 90 Jahre alt und seit vielen Jahren versucht sie, Gerechtigkeit zu finden für fünf ihrer Kinder und einen Schwiegersohn, die getötet worden sind. Auch mit 90 Jahren leistet sie Widerstand, sie will keine Vergeltung, sie will nur Gerechtigkeit. Ich glaube fest daran: Mit solchen Frauen, mit solcher Jugend und mit solchen Müttern werden wir ein besseres Land Iran haben.“
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Den Bochumer Menschenrechtspreis gibt es nicht mehr, was es noch immer gibt, ist ein iranisches Regime, dessen Terror sich nach innen wie nach außen richtet. Dort zuerst gegen Israel, der Iran finanziert den Terror von Hamas, Islamischen Dschihad und Hisbollah, allen Israelis drieht er immer wieder offen an, sie zu vernichten, wie er Mahsa Amini vernichtet hat. Auf der documenta 15, um diesen Bogen zu schlagen, war der Terror des iranischen Regimes kein Thema. Kunst, die sich gegen das iranische Regime behauptet, ist in dieser Kunstwelt irrelevant.