Wer auf sich hält, holt Dahlke
„Pyrolator" ist eine Legende des deutschen Pop und jetzt urban urtyp
„‚Ich bin der Kurt und hab‘ da eine neue Platte gemacht‘.“ So ein Satz habe noch nie überzeugend geklungen, sagt Kurt Dahlke, und überzeuge noch weniger, wenn man wie er ein Plattenlabel betreibt. Also wurde Kurt spontan umbenamt, das ist vier Jahrzehnte her, seitdem ist er “Pyrolator” und der Pyrolator eine Legende der deutschsprachigen Popmusik:
Gründungsmitglied von D.A.F., der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft, Keyboarder bei Fehlfarben und bei Der Plan, Mitbegründer des Musiklabels Ata Tak …
Bundesdeutsche Kulturgeschichte. Ohne Kurt Dahlke hätte es Anfang der 80er niemals die Neue deutsche Welle gegeben, wie es sie gab, und heute keine Independent-Musik in Deutschland, wie es sie gibt.
Und das ist nur ein Kapitel aus Dahlkes Musikerleben, seine Synthie-Sounds sind auf kaum gezählten Alben zu hören – so etwa auch auf einem halben Dutzend, die Element of Crime mit ihm eingespielt haben, die erfolgreichen Punk-Chansonniers aus Berlin. Wer auf sich hält, holt Dahlke. Dessen Solo-Alben wiederum verdichten den Ton der Zeit, in der sie entstanden sind, eine Erzählung der bundesdeutschen Geschichte im Sound des Synthesizers, sie beginnt 1979 auf „Inland“ und führt über „Ausland“ und „Wunderland“ und „Traumland“ ins 2011er „Neuland“ – und jetzt ins „Niemandsland“, seinem aktuellen Album. Eine Utopie?
Nicht bei Dahlke, das Land, in dem noch niemand war, klingt bei ihm alles andere als verträumt, kein Ort, an dem sich Sehnsucht tummelt, er hört da eher hinein wie einer, der weiß, dass gerade keine Zeit für Partys ist und der befürchtet, dass nun auch die Idee der Party verloren gehen könnte. Immerhin ist es die Idee dafür, dass man Veränderung feiern kann und nicht erleiden muss. Dass man sich selber verändern kann, indem man sich feiert und nicht andauernd ermahnt, erzieht, erzwingt.
Vielleicht ist Dahlke deshalb zu seinen analogen Synthesizern zurückgekehrt, zu jenen Sounds, die er seit den frühen 80ern so vertraut gemacht und mit Lebensgefühl verbunden hat. Am Sonntag bei urban urtyp, der Indie-Reihe an der Ruhr – alle Infos und Tickets hier!