Israel-Soli: “Was tun!” Nur wer? Keine Namen!

Ungehaltene Rede auf der Israel-Soli-Demo in Bochum

Pro-Israel-Demo in Bochum am 18. Oktober Foto: Roland W. Waniek
Pro-Israel-Demo in Bochum by Roland W. Waniek

Nachtrag vorweg: Es waren einige mehr, die sich für Israel eingefunden haben, als in vergangenen Jahren. Die Angst hat das den Juden nicht genommen, wie auch. Alle wollen was tun, keiner weiß was. „Zeichen setzen“ geht immer. Viele Sätze, die mit „Jetzt muss“ beginnen. Viel Weltpolitik, Bochum taucht weg. Eine Stadt, in der Judenhass blüht. Wie das bloß kommt. Alle deuteln herum, keine Namen. Nirgends Verantwortlichkeiten. Wer eh nicht da war: die Kultur-Szene der Stadt. Kaum dass es um Juden geht, taucht sie ab. Hier meine Rede, die nicht gehalten werden konnte, weil … warum auch immer. Es ist ein Elend in dieser Stadt. Es ist wie überall. Die Rede:

Ein kurzer Blick in die Kulturlandschaft, in der wir stehen.

Die barbarischen Killer der Hamas seien gar keine Barbaren und keine Killer, sondern, Zitat, die „Gemeinschaft der Märtyrer“. Ihre Taten hätten, Zitat, nichts mit „barbarischen Irrsinn“ zu tun, sondern seien von einer, Zitat, „Vision der Freiheit“ angeleitet und angetrieben von einer „ekstatischen Vorstellung von Politik“.

Das schrieb der Philosoph Achille Mbembe vor kurzem über die palästinensischen Terror-Armeen. Und wurde dafür hofiert, Mbembe wird bei Suhrkamp verlegt, mit Preisen behängt, er sollte  –  hier die Straße runter  –  die Ruhrtriennale eröffnen, das Festival der Künste in NRW. Judenhass als Kunst. Muss man drauf kommen.

Die Kulturelite dieser Republik, eine Versammlung edler Intendanten und Direktoren, erklärte Herrn Mbeme zu einer „wichtigen Stimme“ in einem „kritischen Dialog“. Man schloss sich eigens zu einer „Initiative“ zusammen  –  sie nennt sich „Initiative Weltoffenheit“, es gibt sie auch 11 Tage nach den Massakern noch  –  die das einzige Ziel verfolgt, noch viel mehr dieser „wichtigen Stimmen“ auf ihre Bühnen zu holen und auszustellen.  Alle, die sich zu BDS halten oder BDS für eine „kritische Position“.

Was ist BDS? Eine internationale Boykottkampagne gegen Israel, heißt es gern, nein: BDS ist die Kulturabteilung der Hamas. Hamas sitzt der BDS-Kampagne vor, Hamas und Islamischer Dschihad und noch ein Dutzend weiterer Terror-Organisationen sitzen im Lenkungsausschuss dieser „Kampagne“. Und die Kulturfürsten dieser Republik sitzen an den Töpfen mit den Fördermitteln, aus denen sie die BDS-Hamas honorieren. Diese Kulturlandschaft ist intellektuell verwildert. Seit Jahren ist klar: Was BDS fordert  –  dass Israel, das jüdische Land, aus dieser Kulturlandschaft verschwinden soll  –  das setzt Hamas ins Werk. BDS betreibt für die Hamas, was das Goethe-Institut für die Bundesrepublik betreibt: auswärtige Kulturpolitik.

Und danach sieht die Kulturlandschaft, die BDS beackert hat, jetzt auch aus: Es gibt Terror-Organisationen, die in Deutschland agieren, es gibt Vorfeld-Organisationen des Terrors, und es gibt  –  und um sie geht es hier  –  es gibt Umfeld-Organisationen des Terrors. Alle, die irgendein Verständnis inszeniert haben für Barbarei, falls die sich gegen Juden richtet.

All die großen Mbembes und kleinen Carps. Stefan Hilterhaus von PACT Zollverein, Wilfried Schulz vom Düsseldorfer Schauspielhaus, Stefan Bachmann vom Schauspiel Köln, Inke Arns vom Medien-Kunst-Verein Dortmund usw., es sind Hunderte, Tausende, Zehntausende im Kulturbetrieb  –  und ähnlich im kirchlichen Milieu  – , die da nicht irgendwie hineingeraten sind, sondern zuhause. Die sich in diesem Terror-Umfeld bewegen wie Fische in der Kloake.

Man muss ihre Namen nennen, damit sie sich an sich selber erinnern. An ihre unselige Verklärung von Terror. Ihre steindumme Versteherei. Ihre vollkommen verlotterte Moral, kaum dass es um Israel geht. Demokratie? Ach was, Widerstand!

Was allerdings noch übler ist als diese Hamas-Deuter, ist das Schweigen der anderen. Den jahrelangen Protest gegen BDS haben wenige, wirklich wenige getragen, es waren vor allem Journalisten und Politiker. Und aus der Kultur? Handverlesen. Weithin erkennbar gegen BDS hat sich ein Club in Hamburg gestellt, einer in Berlin, einer in Leipzig, die Christuskirche Bochum. Und sonst?

Pro-Israel-Demo in Bochum by Roland W. Waniek

Das Schauspielhaus? Die Symphoniker? Das Kunstmuseum? Der Bahnhof Langendreer? Das Prinz-Regent? Thealozzi? Planetarium? Das Figurentheater? Der Kulturrat? Die Ko-Fabrik? Die Volkshochschule? Der RuhrCongress? Ein Laden wie das Atelier Automatique? Die Jahrhunderthalle? Reihum angestrengtes Schweigen, Stillhalten, Abwarten. Abwarten heißt: in Kauf nehmen. Was in Kauf nehmen? Dass sich in Bochum, in der Kulturlandschaft dieser Stadt, eine Gefahr einnistet, die tödlich ist für Juden. 260 Unschuldige, die allein auf dem Musikfestival im Negev  –  im israelisch-demokratischen Kernland, der Negev unterscheidet sich nicht von Bochum  –  hingemordet worden sind: Das ist der Kulturboykott, den BDS als gewaltfrei verkauft.

Ich kann es nicht mehr hören, diese eifrigen Debatten, ob es sich nun um linken oder rechten Antisemitismus handele, um christlichen oder muslimischen, um primären oder sekundären, um dummen oder um studierten  –  alles zusammen macht das Paket, Antisemitismus ist wesentlich divers. Und ist als solcher, so hat es Hannah Arendt formuliert, immer „genau das, was er vorgibt zu sein, eine tödliche Gefahr für Juden und sonst nichts.“

Darum, liebe Kollegen in der Kulturlandschaft dieser Stadt, ich spreche Euch direkt an: Alle Eure Kultur ist Müll, solange Euer Schweigen anhält. Alle Eure Achtsamkeit ist verlogen, solange Ihr die Antisemiten in Euren eigenen Szenen als „kritische Stimmen“ duldet. Solange Ihr das bisschen Anstand nicht aufbringt, ihnen das Mikro abzudrehen, auch wenn es beste Freunde sein mögen. Solange Ihr Eure Häuser  –  alle, die ich genannt habe, werden von dieser Stadt und diesem Land mit öffentlichen Mitteln gefördert –  als Resonanzräume offen haltet.

Erst in dieser Atmosphäre, die Kultur schaffen kann, einer Atmosphäre, die sich divers gibt und achtsam und gewaltfrei und kulturell polyglott  –  erst in exakt dieser Atmosphäre wächst hier in dieser Stadt die tödliche Gefahr heran und nirgends sonst. Tödlich für Juden und niemanden sonst.

Ihr glaubt es nicht? Lasst es einmal darauf ankommen, liebe Kollegen aus der Kultur, die Ihr hier seid oder nicht: Klebt Euch eine Israelfahne in den Ticketshop, ich mach das seit Jahren, wir haben israelische Sponsoren, die direkt mit der IDF zusammenarbeiten. Ihr werdet Kunden verlieren, das kann ich Euch sagen, aber das tut Ihr sowieso. Umso drängender die Frage, die der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, uns heute gestellt hat: „Wo bleibt  –  nach dem barbarischen Terror der Hamas  –  wo bleibt der Aufschrei des Kulturbetriebs?“

Dass wir heute hier sind vor dem Rathaus, das hat nur Sinn, wenn es zum Anfang würde. Danke.