Chorwerk Ruhr
Brahms und Reger
Dass ein guter Chor gute Kritiken bekommt, versteht sich. Ebenso, dass ein sehr guter Chor sehr gute Kritiken erhält. Aber dass ein Chor über zwei Jahrzehnte hinweg sowohl national wie international Kritiken einsammelt, die in Superlativen baden, das versteht erst, wer Chorwerk Ruhr hört.
Wir bieten Gelegenheiten, der Chor – alles professionelle, durchgehend junge Stimmen – ist seit 20 Jahren bei uns beheimatet. Und die Akustik der Christuskirche – mittlere Nachhallzeit: 3,5 Sekunden – passt perfekt zu dem solistischen Ensemble, sie verleiht den Stimmen Körperlichkeit, eine intime Nähe, warme Präzision. Entsprechend der Auftakt für 2023 mit Werken der Spätromantik:
Johannes Brahms (1833-1897)
Drei Motetten op. 110 für Chor a cappella | 9’
Marienlieder op. 22 für Chor a cappella
Nr. 1. Der englische Gruss | 4‘
Nr. 4. Der Jäger | 2’10”
Nr. 6. Magdalena | 2‘
Nr. 7. Marias Lob | 2‘30“
Max Reger (1873-1916)
Geistliche Gesänge op. 110 Nr. 1-3 (Motetten) für Chor a cappella 42‘
Mitwirkende
CHORWERK RUHR
Dirigent: ZOLTÁN PAD
Eine Produktion von Chorwerk Ruhr, Christuskirche Bochum und dem Kulturbüro der Stadt Bochum zu dem 150. Geburtstag von Max Reger und dem 190. von Johannes Brahms.
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Ein reines A-Capella-Konzertprogramm, ein rein geistliches, das zwei Spätromantiker ins Ohr ruft: MAX REGER, der von sich selbst sagte, er sei „katholisch bis in die Fingerspitzen“, wurde tatsächlich im protestantischen Leipzig geprägt, wo er von 1907 bis 1911 Komposition gelehrt hat. Seine Freundschaft mit dem Thomas-Kantor Karl Straube und seine enge Beziehung zu den Thomanern zeigt sich in den drei großen Motetten op. 110, die diesem Chor gewidmet sind. Zwischen 1909 und 1912 komponiert, bilden sie den Höhepunkt spätromantischer geistlicher A-Cappella-Musik.
Und stellen immensen Ansprüche an den Chor – vor allem in dessen Intonation, weil hier die Chromatik alles beherrscht. Die Spanne des Ausdrucksgehaltes, der dynamischen Steigerungen und der verschiedenen Kompositionsarten ist enorm. Mit diesem hohen Anspruch stehen Regers Motetten in der Tradition Bachscher Motettenkunst. Eine polyphone Anlage mit besonderem Gewicht der Fuge, auch der Doppelfuge, sind bestimmend – umso eindrucksvoller leuchtet dann aber der ebenso an Bach geschulte homophone Choral aus ihnen hervor. Der Schlusschoral der dritten Motette – die alle den Tod reflektieren, die Endlichkeit und also die Frage von Sinnlich- oder Sinnlosigkeit – ist ein Trostgesang von großer Schönheit. Reger selbst sagte, dass durch alle seine Werke der eine Choral durchklinge, „Wenn ich einmal soll scheiden …“
JOHANNES BRAHMS: Seine letzten Chormusikwerke, die drei geistliche Motetten, tragen ebenfalls die Opuszahl 110. Komponiert im Jahre 1889, bilden sie formal eine geschlossene Dreiergruppe. Dabei rahmen zwei ausgedehntere doppelchörige eine kürzere vierstimmige Motette ein. Die Doppelchörigkeit verwendet Brahms besonders differenziert. Im Mittelteil der ersten Motette wechseln die vierstimmigen Chöre einander ab, zugleich aber auch homophone und polyphone Partien. Den Rahmen bilden zwei Psalmentexte. Diese sind jedoch sechsstimmig, beziehungsweise zum Schluss, sich steigernd, sogar achtstimmig-polyphon gesetzt. Die Mittelmotette verwendet den Text eines unbekannten Autors, „Ach, arme Welt, …“, und ist als geistliches Lied vierstimmig-choraliter komponiert. Am gewichtigsten ist die Schluss-Motette, in der Brahms den Text des aus dem 16. Jahrhundert stammenden Chorals „Wenn wir in höchsten Nöten sein“ vertont. Er komponiert jedoch gerade keine Choralbearbeitung, sondern verwendet stattdessen seine ganz eigene Melodik, wobei sich so gut wie alles aus den beiden anfänglichen Motiven ableitet.
Ergänzt werden diese Spätwerke durch Brahms‘ Erstlingswerke für Chor, seine Marienlieder op. 22. Brahms selber betont: „Die Gedichte sind alte schöne Volkslieder und die Musik etwa in der Weise der alten deutschen Kirchen- und Volkslieder“. Hier zeigt sich Brahms‘ lebenslange Wertschätzung des Volksliedes. Brahms bedient sich hier des Typus‘ des homophonen Kantionalsatzes mit betont archaischer Färbung und der Verwendung vieler Elemente der Alten Musik, jedoch gepaart mit romantischer Klanglichkeit.
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Chorwerk Ruhr
zählt zu den bedeutendsten Kammerchören im deutschsprachigen Raum. Die außerordentliche Qualität des 1999 Vokalensembles ist es, den speziellen Anforderungen solistischer Besetzungen ebenso gerecht zu werden wie eine perfekte Verschmelzung des Ensembles im Chorklang zu erreichen.
Im November 2011 hat der mehrfach ausgezeichnete Dirigent Florian Helgath die Künstlerische Leitung übernommen. Er sieht einen Schwerpunkt seiner Arbeit darin, neue Chormusik in Bezug auf traditionelle Musikformen zu beleuchten und somit für den Zuhörer vor dem Hintergrund der reichen Musikgeschichte neu wirken zu lassen. Mit dem erstklassigen Ensemble setzt er Chormusik auf höchstem Niveau um.
Chorwerk Ruhr hat sich als eines der hochwertigen künstlerischen Markenzeichen der Metropolregion Ruhr und als einer der Spitzenchöre Deutschland etabliert. Seit der Gründung fanden Konzerte mit Musik aus allen Epochen bis zur Gegenwart statt in Zusammenarbeit mit namhaften Dirigenten wie Sir George Benjamin, Frieder Bernius, Sylvain Cambreling, Reinhard Goebel, Robin Gritton, Rupert Huber, Susanna Mälkki, Kent Nagano, Peter Neumann, Emilio Pomàrico, Peter Rundel, Marcus Stenz, Bruno Weil und Hans Zender.
In Konzerten mit renommierten Orchestern wie den Berliner Philharmonikern, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, Concerto Köln, Ensemble Resonanz, l’arte dell mondo, dem Ensemble Musikfabrik, dem Schönberg Ensemble Amsterdam, dem Ensemble Modern, der Jungen Deutschen Philharmonie, den Bochumer Symphonikern, dem SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks begeistert Chorwerk Ruhr immer wieder sein Publikum und erntet herausragende Kritiken.
Die Zusammenarbeit mit der Christuskirche Bochum dauert seit nunmehr zwei Jahrzehnten an. Die hervorragende Akustik des Oesterlen-Baus entfaltet das Niveau des Chores, die Bilderlosigkeit des Raumes stellt sich in den Dienst des Hörens.
ZOLTÁN PAD – DIRIGENT
studierte Chordirigieren bei Péter Erdei in Budapest. Dank eines DAAD-Stipendiums verbrachte er im Anschluss ein akademisches Jahr in der Klasse von Michael Gläser an der Musikhochschule in München. 2008 leitete er die Chöre der Zentralen Musikakademie in Peking. Zwischen 2009 und 2014 war er Chefdirigent des Debrecen Kodály Chores, seit 2014 ist er Leiter des Ungarischen Rundfunkchores.
Im Juli 2016 übernahm er bei den Salzburger Festspielen die Einstudierung des Ungarischen Rundfunkchores bei der Uraufführung von Péter Eötvös Halleluja, mit den Wiener Philharmonikern unter der Leitung von Daniel Harding.
Einstudierungen und Assistenzen übernahm er in den vergangenen Jahren für Sir Simon Rattle, Helmuth Rilling, Pier Giorgio Morandi, Ennio Morricone, Zoltán Kocsis, Tamás Vásáry, György Vashegyi, Gergely Kesselyák, Iván Fischer, Ádám Fischer, Martin Haselböck und Howard Arman.
Bei der Aufführung großer oratorischer Werke kam es in der Vergangenheit zur Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Orchestern wie dem Symphonieorchester des Ungarischen Rundfunks, den Kodály Philharmonikern, dem Orchester der Staatsphilharmoniker von Oradea und dem Symphonieorchester Alba Regia.
Mit dem Kodály Chores dirigierte er die ungarischen Erstaufführungen Konzert für Chor von Alfred Schnittke, Der versiegelte Engel (Zapechatlennyi angel) von Rodion Schtschedrin und das Oratorium The Company of Heaven von Benjamin Britten. Mit diesem Ensemble erhielt er im Dezember 2012 den Prima-Preis. Im März 2007 gewann er den Publikumspreis und einen Spezialpreis beim 4. Internationalen Wettbewerb für junge Dirigenten / International Competition for Young Conductors der European Choral Association – Europa Cantat. Seit 2005 unterrichtet er Chordirigieren am Kodály Institut der Liszt-Akademie in Budapest.
Von 2009-2014 war er Mitglied des künstlerischen Beirats des Internationalen Béla Bartók Chorwettbewerbes in Debrecen und 2013 und 2014 leitete er den Wettbewerb als Künstlerischer Leiter.