Kultur-Frühschoppen zugunsten der Erdbebenopfer
Bochum lädt ein
Vorweg einige Namen: Axel Rudi Pell, Heavy-Metal-Gitarrist. Esther Münch, Kabarettistin. Thomas Anzenhofer, der wahre Johnny Cash. Pamela Falcon, Stimme der legendären New-York-Nights. Die Schauspieler Günter Alt und Dominik Buch. Regi Jennings, Starlight-Express-Star und Jay Oh, Stimme des Pop, und das Variete et cetera mit Silvia Cabello und dazu die, die gerne gekommen wären, aber nicht kommen können, weil sie gerade weit weg von Bochum auf der Bühne stehen wie Volker Wendland von den Kassierern. Eine Besetzungsliste wie in einem Allstar-Team der Stadt, der VfL Bochum mit seinem Vorstand stößt dazu, ebenso der Vorstand des Unternehmerstammtisch Ruhr und …
Die Liste ist noch nicht geschlossen, alle laden ein zum Großen Spenden-Sonntag am 5. März, 11 Uhr in der Christuskirche Bochum am Platz des europäischen Versprechens. Zweck des kulturellen Frühschoppens quer durch die ästhetischen Geschmäcker dieser Stadt: den Opfern des furchtbaren Erdbebens zu helfen, das die Türkei und den Norden Syriens heimgesucht hat.
Den politischen Schirm über diese Initiative spannen Carina Goedecke, langjährige Präsidentin des NRW-Landtags, und Serdar Yüksel, Bochumer Landtagsabgeordneter, der gerade erst aus dem Erdbebengebiet zurückgekehrt ist. Yüksel, Vorsitzender der AWO Ruhr Mitte, hatte einen Hilfstransporter mit Lebensmitteln nach Adiyaman begleitet, allein in dieser Provinz könnten laut lokalen NGOs mehr als 30 000 Menschen dem Erdbeben zum Opfer gefallen sein, es wären so viele, wie Langendreer Einwohner hat. Beim Frühschoppen der Bochumer Kultur geht das gesammelte Geld an Yüksels direkte Hilfe, eine, bei der man sicher sein kann, dass sie in keinen der Kanäle verschwindet, die es im System des türkischen Präsidenten Recep Erdogan gibt.
Denn natürlich ist das ein Problem: dass man, wenn man den Opfern des Erdbebens hilft, Erdogan in die Hände spielt, der wesentlich Verantwortung trägt dafür, dass die Zahl der Opfer in unvorstellbare Höhen gestiegen ist und weiter steigt. Erdogans Präsidentenpalast, 2014 bezogen, weist rund 1000 Zimmer auf, in seiner erst vor wenigen Monaten eingeweihten Sommerresidenz sind es weitere 300 – dass Erdogan Opfern des Erdbebens Unterkunft angeboten hätte, ist nicht bekannt, aber deswegen nichts zu tun? Der Platz, der die Christuskirche umgibt, trägt die Namen von 14 726 Europäern, die Europa ihr persönliches Versprechen gegeben haben, darunter sind Hunderte türkisch- und kurdischsprachiger Namen.
Bei aller Distanz, die Erdogan zu Europa geschaffen hat, das europäische Gefühl ist noch da, es zeigt sich jetzt. Es überwiegt, sagt die Hoffnung.
Initiiert haben wir die Frühschoppen-Idee zusammen mit Oliver Bartkowski, der Veranstalter ist bekannt ua für seinen Bermuda-Talk, den er zusammen mit Michael Wurst moderiert, den Stadionsprecher des VfL: „Wir haben nur offene Türen eingerannt“, sagt Bartkowski, „wo immer wir angeklopft haben, alle hatten das Bedürfnis, etwas zu tun, zu helfen, Mitgefühl zu zeigen.“
Fehlte lediglich eine Form, die dies möglich machen könnte für Künstler, die abends auf ihren eigenen Bühnen stehen. Daher die Frühschoppen-Idee, die auf eine allerdings lange Tradition zurückblicken kann, auf eine Art Bündnis von Tresen und Altar, wenn man so will: Im Zentrum der europäischen Städte und Dörfer standen Kirche und Kneipe immer beieinander, immer ging es sonntags – zumindest für die Männer – aus der einen Tür hinaus durch die andere Tür hinein, wo dann die täglichen Probleme des Lebens verhandelt wurden. Der Frühschoppen war einmal sowas wie ein Gemeinderat.
Was die Bochumer Künstler machen: Sie denken dies europäisch. Wer hier eintritt, ist drin im europäischen Gemeinderat.
Eintritt frei. Wer nicht kommen kann, aber dennoch teilnehmen will, hier das Spenden-Konto:
AWO BOCHUM
DE75 4305 0001 0001 2088 18
Erdbeben-Soforthilfe