Philipp Rumsch
urban urtyp #75
Nie gehört, den Namen? Wir auch nicht. Bis wir ihn gehört haben, seine Musik. Er: 94 geboren, Komponist und Pianist aus Leipzig, Schüler von Michael Wollny, da gehen hier alle Ohren auf. Und alle Türen: Rumsch ist nicht Pop, Rumsch ist nicht Jazz und auch nicht Elektronik, Rumsch ist nicht Klassik, Rumsch ist perfekt für urban urtyp.
Reiht sich mühelos ein in die Liste der Piano-Solisten, die wir in der Indie-Reihe bereits präsentiert haben: Hauschka, Gregor Schwellenbach, Carlos Cipa. Und eben Michael Wollny …
Und er, Philipp, bringt vieles mit: ist ambivalent in der Komposition, unabhängig von kommerziellen Erwartungen, wunderbar unberechenbar. Und das heißt, er ist viel zu eigensinnig, um sich auf die lieblichen Soundcapes eines Yann Tiersen oder Max Richter einzulassen. Smart? Ist er nicht, kann er nicht. Er hat Stil, der sich keinem Stil verschreibt.
In einer Welt, die dafür keine Sprache hat, klingt das dann so:
„Solo konzentriert sich Philipp Rumsch auf Klang sowie dessen Modulation und Variation. Kern dessen sind musikalische Prozesse, denen kompositorisch improvisatorische Konzepte zugrunde liegen und Theorien der New York School of Music (u.a. Morton Feldman, John Cage), zeitgenössische Komponist*innen wie Hans Abrahamsen und Éliane Radigue sowie die Ästhetik von Ambient Music. Unter ausschließlicher Nutzung akustischer sowie elektronischer Tasteninstrumente und computerbasierter Klangmodulation entsteht …“
… entsteht was? Entsteht nichts, was dieser Sprache entspräche. Was da tatsächlich entsteht, lässt sich nicht sezieren, diese Musik spinnt ein. Zuerst denkst du, der eigenbrödelt doch nur, und dann wirst du nach und nach Teil von dem, was du weißt nicht wie entsteht. Sind immer noch deine Ohren, die hören, aber es ist, als gehörten sie einem anderen Kopf. Und dann gibt es in diesem anderen Kopf Momente, in denen geschieht, was nie geschehen kann: Die Zeit nimmt das Tempo weg, die Sekunden beginnen, sich zu dehnen, Klang für Klang wird, was du hörst, langsam und dann langsamer. Und schließlich, Ding des Unmöglichen, holt diese Musik Bohren ein. Bohren von Rumsch unterrundet? Der Junge ist 25.
Aus Leipzig, Schüler von Michael Wollny, aber das hatten wir ja schon. Vordenker eines 12köpfigen Ensembles, das den Umkehrschluss sucht ähnlich, wie Brandt Brauer Frick ihn gefunden haben: Wie BBF verwandelt Rumsch elektronische Musik und ihre ästhetischen Prinzipien erstens in Do It Yourself, zweitens in Jazz, drittens in Klassik, und viertens ist das alles nur vorstellbar, wenn man es hört. Das Beiblatt sagt: Rumsch gehe
„von Perotin über Erik Satie und Steve Reich bis hin zu Brain Eno, Aphex Twin und Ben Prost“.
Nun denn, das ist so eine ungefähre Richtung, es sind viele, und am Ende gibt es dann noch diese: Philipp Rumsch bringt seine Alben bei Denovali raus, dem Bochumer Label von nebenan. Eine Garantie mehr dafür, dass niemand auf die Idee kommt, man könne sich und alle anderen im Takt organisieren und mitklatschen.
Nicht bei urban urtyp. Dafür: Philipp Rumsch.
PHILIPP RUMSCH | urban urtyp #75
» Sonntag 10. November
» wie immer 19 Uhr, wie immer nur 10 €
» Tickets gibt es online bei uns (hier klicken), noch besser aber direkt bei uns reservieren: tickets@urbanurtyp.de
DIE urban urtyp-TERMINE 19/20
EMIKA | urban urtyp spezial
» Freitag 19. Oktober | 20 Uhr
MOCA | urban urtyp #73
» Sonntag 29. September | wie immer 19 Uhr
BRANDT BRAUER FRICK | urban urtyp spezial
» Freitag 15. November | 20 Uhr