Wolfgang Flür
Live
supp. by Rob KeaneDen Abend mit Wolfgang Flür müssen wir leider wieder absagen. Dies hat technische Gründe, die zu dem Zeitpunkt, an dem wir den Abend konzipiert und vereinbart hatten, nicht absehbar waren. Wir bedauern dies sehr. Tickets bitten wir, jeweils dort zurück zu tauschen, wo sie gekauft worden sind.
Stieg 1973 bei KRAFTWERK ein, das Elektro-Schlagzeug, das er spielte – und sehr viel mehr: wie er es spielte – gilt heute als Quantensprung in der Geschichte des Pop. Eine Spieltechnik, so stoisch energiegeladen wie das Spiel der Kolben in einem, tja, Verbrennungsmotor. Funktion eines Kolbens? Die beim Verbrennungsvorgang freiwerdende Energie der Musik als Drehkraft ans Publikum weitergeben und in mechanische Körperbewegung umwandeln. Klar hieß das erste Album, das Flürs Drumtechnik nutzte, „Autobahn“, das legendäre KRAFTWERK-Album von 1974 (da in “Kometenmelodie 2”).
Nach 13 Jahren stieg Flür – einer der vier „Mensch-Maschinen“, jener Ästhetik, die vor einem halben Jahrhundert vorweg genommen hat, was heute diskutiert wird, die Künstliche Intelligenz – nach 13 Jahren stieg Flür bei KRAFTWERK aus und verfolgte seine Solo-Projekte, sein neuestes:
MUSIK-SOLDAT, „eine aufregende Rückkehr zum Techno-Pop-Sound, den er mit Kraftwerk zwischen ‚Autobahn‘ 1974 und ‚Electric Café‘ 1986 mitgestaltet hat“, so beschreibt Barnaby Ashton Bullock das 2022 erschienene Album “Magazine 1”, es wird in UK und den USA begeistert, teils euphorisch besprochen. Eingespielt hat er es „zusammen mit einigen der berühmtesten Namen des Synth-Pop und Electro-Dance aus Vergangenheit und Gegenwart“, namentlich mit:
Midge Ure von ULTRAVOX, mit Peter Hook von NEW ORDER, mit Claudia Brücken von PROPAGANDA und den legendären Techno-DJs JUAN ATKINS und CARL COX sowie den Electro-Pop-Titanen U96 …
Geschichte en masse, Gegenwart en masse, „niemand“, schreibt Bullock, „niemand, der heute Techno-Pop-Platten macht, hat die Lebenserfahrung und Statur von Wolfgang Flür, und vielleicht hat noch nie jemand elektronische Platten mit einem so warmen und radikalen lyrischen Humanismus gemacht. Songs, die sich musikalisch auf einen leicht identifizierbaren Retro-Elektro-Style stützen, die aber lyrisch zu uns von unserer Zeit sprechen, von unserem gemeinsamen ‚Hier und Jetzt‘ …“
Bullock hört in Flürs Musik einen lyrischen, aber eben deshalb „kämpferischen Humanismus“. Gibt nichts, was gerade mehr vonnöten wäre. Was Flür, selber kurz nach WK II geboren, elektronisch wiederbelebt: die Idee des Pop, ihr „regulatives Ideal“ (Jens Balzer), es ist die Idee grenzenloser Geschwisterlichkeit.