“Nur für mich”

Tarja Turunen im Interview

Tarja Turunen im Dezember 2015 in der Christuskirche by Kurt Rade (c)

Ein Jahrzehnt lang war Tarja Turunen die markante Stimme der finnischen Symphony Metaller Nightwish, erst mit ihr begann die steile Karriere der Band, die die charismatische Sängerin später nicht länger an Bord haben wollte. Das ist die eine, eine traurige Geschichte. Eine andere ist die von der mittlerweile anderthalb Dekaden anhaltenden, ebenfalls steilen Karriere Tarja Turunens als Solo-Künstlerin mit fünf Studio-Alben nach Nightwish. Die in Kitee in der finnischen Landschaft von Nordkarelien geborene Sopranistin blickt nun zurück auf ihre fünfzehn Solo-Jahre mit einem »Living The Dream« betitelten Best-Of-Album – darin auch die neue Single „Eye Of The Storm“ – , mit dem sie im Dezember im Rahmen ihrer „Christmas Together“-Tour auch wieder zurück an eine ihrer liebsten Wirkungsstätten kommt, nämlich in die Christuskirche Bochum. Am 7.12.2022, es gibt wieder Tickets. Wenn das nicht hinreichende Gründe sind, mit der Ausnahme-Sängerin Tarja Turunen ins Gespräch zu kommen.

Im Dezember spielst du wieder eine Show in der Christuskirche in Bochum. Erinnerst du dich noch an deinen letzten Besuch in der Kirche in Bochum?

Das war 2015 auf meiner „Ave Marie“-Konzert-Reise. Meine Tochter lief da die ganze Zeit vorher in der Kirche herum und die Atmosphäre war sehr schön während des Konzertes. Ich freue mich sehr darauf, an diesen Ort zurückzukehren und zwar mit einem anderen, neuen Programm.

Was macht Konzerte an solchen Orten wie Kirchen so besonders für dich?

Die Leute suchen in Kirchen Frieden und Zeit zum herunterkommen. Das ist besonders bei Weihnachtskonzerten zu spüren. Das Jahr geht zu Ende und man ist ein bisschen müde von der harten Arbeit des ganzen Jahres. Ich kann den Menschen dann etwas Fröhlichkeit bringen, gerade an solchen, besonderen Orten mit ihrer besonderen Atmosphäre.

Was magst du lieber: Shows vor zigtausenden von Fans wie etwa zuletzt in Wacken oder die intime Atmoshäre einer Kirche?

Ich habe das große Glück, das ich beides erleben darf. Auf Festivals genieße ich die Party-Stimmung und das Zusammensein mit anderen Musikern und Bands. Die Leute kommen auch da hin, um so viele Bands wie möglich in kurzer Zeit zu erleben. Bei Konzerten wie dem in Bochum kommen die Fans nur für mich. Das ist etwas vollkommen anderes. Daher mag ich beides, eben weil beides zu verschiedene Erlebnisse für mich sind.

Was dürfen die Fans in Bochum dieses Mal von deiner „Christmas Forever“-Show erwarten?

Ich trete zusammen mit dem finnischen Cellisten Max Lilja, dem argentinischen Gitarristen Julian Barrett und dem Keyboarder Guillermo de Medio auf. Weihnachtliche Lieder stehen im Vordergrund des Konzertes. Bekannte und weniger bekannte sowie meine finnischen Lieblingslieder.

Im Dezember erscheint auch dein erstes Best-Of-Album »Living The Dream«. Wie schwer oder leicht ist es dir gefallen, die Songs aus fünfzehn Solo-Jahren dafür auszusuchen?

Diese herausforderung hat mir sehr viel Spaß bereitet, um ehrlich zu sein. Viele kreative Jahre habe ich nun hinter mir und es freut mich, dass ich ein ganzes Album mit den besten Songs zusammen stellen konnte. Es sind übrigens handverlesene Songs darauf zu finden, zum Teil bis dahin wenig beachtete, die aber dennoch zu meinen Favoriten zählen, weil sie mich als kerativen Menschen sehr gut repräsentieren.

Wird weitres Bonus-Material auf dem Album zu finden sein?

Ja, denn es wird – wie das derzeit so üblich ist – gleich in mehreren Foramten erscheinen, allerdings immer mit einer Aufzeichnung meiner »Circus Of Life«-Tour in voller Länge.

Mit „Eye Of The Storm“ findet sich ein nagelneuer Song auf »Living The Dream«. Worum geht es darin?

Eigentlich stammt der Song oder besser die Idee dazu schon aus dem Jahre 2010. Er sollte auf mein drittes Studio-Album »Colours In The Dark«. Zu der Zeit hatte ich allerdings mit so manchen Turbulenzen unterschiedlicher Art zu kämpfen und die hatten auch mit meinen beiden Welten Argentinien, wo ich mittlwerweile wohne, und meiner Heimat Finnland zu tun. Ich wusste einfach nicht, wo ich hin gehörte. Beide liefern sich in dem Song eine Art von Schlacht. Daher auch der Tango-Ton in dem Song.

Du selbst hast es gerade angedeutet: Deine Karriere bisher war gekennzeichnet von Höhen und Tiefen. Was waren besonders aufregende Momente in positiver Hinsicht, welche waren eher solche zum Vergessen?

Also mit meiner Musik und meinen Fans habe ich sehr aufregende Spritztouren erlebt. Das war und ist immer noch überwältigend. Ein Schlaganfall vor einigen Jahren hat mir gezeigt, dass ich mehr auf mich aufpassen muss. Und dass ich das Leben fortan genießen will. Ich werde auf gar keinen Fall meine Energie und Zeit an und mit Menschen verschwenden, die mir nicht gut tun. Dafür ist das Leben einfach zu kurz!

Am 15. März 2023 wirst du wieder in Bochum sein, in der Matrix. Was führt dich an wieder in unsere Stadt?

Das ist im Rahmen der »In The Raw«-Tour zu meinem letzten Studio-Album. Eigentlich sollte die Show schon 2020 stattfinden und wir holen sie nun nach. Die Shows zum Best-Of-Album kommen dann anschließend.

Hast du auch ab und zu einmal die Gelegenheit, dir die Städte, in denen du gastierst, genauer anzusehen?

Ich kenne Bochum tatsächlich gut, denn meine Plattenfirma war mal in Bochum zu Hause. Leider gilt das nicht für viele andere Städte, von denen ich nur die Konzerthallen kennenlerne und dann gleich wieder abreisen muss.

Interview: David Wienand (c) Bochum macht Spaß