Chorwerk Ruhr
"Erhöre mich" - Werke von Schütz, Brass, Wistinghausen
Tickets für das im März ausgefallene Konzert des Chorwerk Ruhr bleiben für diesen Abend gültig. / Corona: Es gilt: keine Nachweis- und keine MaskenpflichtHeinrich Schütz (1585 – 1672)
Erhöre mich, wenn ich rufe – SWV 289
Nikolaus Brass (*1949)
Earth Diver Modules I (2016)
Heinrich Schütz
Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren – SWV 432
Nikolaus Brass
Earth Diver Voices I (2016)
Heinrich Schütz
Musikalische Exequien – SWV 279-281
Nikolaus Brass
Earth Diver Voices II (2016)
Heinrich Schütz
Die mit Tränen säen – SWV 378
Selig sind die Toten – SWV 391
Martin Wistinghausen (*1979)
Des KRIEGes Buchstaben (UA)
Der Schluss des 1648sten Jahres (UA)
Vergänglichkeit der Schönheit (UA)
Vanessa Heinisch | Theorbe
Frauke Hess | Violone
Peter Kofler | Orgel
Chorwerk Ruhr
Dirigent: Florian Helgath
Es gelten die am Konzerttag gesetzlich vorgegebenen Corona-Schutzmaßnahmen, dh: keine Nachweispflicht, keine Maskenpflicht (aber eine Maskenempfehlung).
Tickets (24/12 €) für das im März ausgefallene Chorwerk Ruhr-Konzert bleiben für diesen Abend gültig.
ZUM PROGRAMM
Zur Ruhrtriennale 2016 war CHORWERK RUHR unter Leitung von Florian Helgath an dem Projekt „Earth Diver“ beteiligt, das Trauermusiken von Heinrich Schütz in Beziehung setzte mit der modernen Klangsprache des 1949 in Bayern geborenen Komponisten Nikolaus Brass.
Jetzt begegnen sich diese beiden Komponisten erneut über vier Jahrhunderte hinweg und in einer sehr viel “reineren” Form:
Heinrich Schütz, Inbegriff protestantischer Kirchenmusik, seine Musik geht – ganz im Sinne barocker „Klangrede“ – von der Diktion der Sprache aus, sie ist ein „Reden in Tönen“.
Sie “leuchtet”, sagt Nikolaus Brass, “sie ist so klar, rein und konzentriert, ohne irgendeine Attitüde.“ Mit seinen Neukompositionen will Brass diese Klar- und Sicherheiten in Schütz’ Musik, deren Selbstverständlichkeit abhanden gekommen sind, nicht in Frage stellen, sondern befragen.
Im Mittelpunkt des Abends stehen Heinrich Schütz’ „Musikalische Exequien“, von Brass’ Werken „Voices I und II“ gerahmt. Schütz hat seine dreiteilige deutschsprachige Trauermusik zum Begräbnis des Fürsten Heinrich Posthumus von Reuss-Gera am 4. Februar 1636 komponiert. Sämtliche Details seiner Beerdigung hatte der Fürst vorab festgelegt: Auf dessen kupfernem Sarg fanden sich bereits diejenigen Texte eingelassen, die Schütz übernahm. Den ersten Teil prägen so Texte des Hebräischen wie des Griechischen Testaments, die Schütz in der modernen Form des geistlichen Konzertes vertont und sie mit chorisch gesungenen Kirchenliedtexten abwechseln lässt.
Der zweite Teil der Exequien besteht aus der achtstimmigen doppelchörigen Mottete „Herr, wenn ich nur dich habe“. Den abschließenden dritten Teil bildet dann eine besondere Raum-Klangkunst: Der von einem fünfstimmigen Chor gesungene Lobgesang des Simeon wird kontrastiert von zwei Sopranen, die als Seraphime fungieren und einer Baritonstimme, die die „beata anima“, die „erlöste Seele“ darstellt. Sie sind als Fernchor platziert. Ihre abschließenden Worte „Sie (die Toten) sind in der Hand des Herren, und keine Qual rühret sie“, bilden für Nikolaus Brass den existenziellen Kern des Werkes. In seiner Musik hat er diese Passage als einzige zitiert, „weil ich mich davor verneigen möchte, aber auch vor unserem Nicht-mehr-Wissen, ob es so etwas gibt.“
Auf seine ganz eigene Weise fügen sich drei Uraufführungen des 1979 geborenen Komponisten Martin Wistinghausen in das Programm und nehmen mit weltlichen Gedichten des Barock Bezug zur Existenzthematik des Todes und der Lebenswelt eines Heinrich Schütz inmitten beziehungsweise nach Ende des 30jährigen Krieges.
Wistinghausen, ausgebildeter Sänger (Bass), Germanist und Historiker, thematisiert in Friedrich von Logaus „Des Krieges Buchstaben“ zunächst anklagend die Kriegsgräuel selbst. In Andreas Gryphius‘ Gedicht „Der Schluss des 1648sten Jahres“ äußert sich dann der Ausblick auf bessere Friedenszeiten („Es ist genug geschlagen“), während in „Vergänglichkeit der Schönheit“ von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau der klassische Vanitas-Gedanke des Barock seinen Ausdruck findet. Für die Aufführung im Jahr 2022 entstand zunächst eine reduzierte „Kammerfassung“ für Stimmen und Basso continuo (Orgel, Theorbe und Violone), der im Jahr 2023 eine instrumental erweiterte Fassung für das Ensemble Capella del la Torre folgen soll.