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Collegium vocale + instrumentale

Adventskonzert

Collegium vocale 2018 in der Christuskirche by Sabine Hanefeld

Das Collegium vocale Bochum ging 1991 aus dem Universitäts-Kammerchor hervor, es besteht aus Mitgliedern des Universitätschores und anderen ausgewählten Stimmen. Zum vielfältigen Repertoire dieses Ensembles gehört anspruchsvolle a cappella-Musik unterschiedlicher Epochen und Stilrichtungen, die chorisch und auch solistisch aus den eigenen Reihen besetzt werden. Der Chor präsentiert sich in regelmäßigen Konzerten in Bochum und Umgebung, ebenso auf Konzertreisen im In- und Ausland (u.a. Italien, Belgien, Estland und Lettland).

Das Collegium instrumentale Bochum wiederum ist ein teilweise durch Bläser ergänztes Streichorchester, das 1991 aus dem Universitäts-Kammerorchester hervorging. Zum Repertoire des Ensembles gehören neben Orchesterwerken auch Solokonzerte. Zusammen erarbeiten beide Collegien auch große Werke aus dem oratorischen Bereich.

Adventskonzert 2019

J. S. BACH
Kantate Nr. 191 “Gloria in excelsis Deo”

C. P. E. BACH
Magnificat Wq 215

Ausführende:
Irene Carpentier, Sopran
Evelyn Krahe, Alt
Gustavo Martín Sánchez, Tenor
Tobias Peschanel, Bass

Collegium vocale Bochum
Collegium instrumentale Bochum
Leitung: Hans Jaskulsky


Ein berühmtes weihnachtliches Spätwerk des Thomaskantors  –  die „Gloria-Kantate“  –  neben dem frühklassischen Melodienreichtum des “Magnificat” seines ältesten Sohnes Carl Philipp Emanuel Bach.

Über dieses Werk schreibt Hans Jaskulsky:

Das „Magnificat“ (Lk 1, 46-55), der „Lobgesang Mariens“ entstand laut autographer Partitur (Wq 215) 1749 in Berlin, wo Carl Philipp Emanuel Bach als Kammercembalist und Kammermusikus des Preußischen Königs Friedrich II. wirkte.

Dass er das „Magnificat“ seines Vaters Johann Sebastian Bach im Blick hatte, als er – noch zu Lebzeiten des Vaters – selbst an die Vertonung des ehrwürdigen neutestamentlichen Canticums ging, kann an vielen Stellen des Werkes nachgewiesen werden, auch da, wo er sich deutlich für eigenständige musikalische Auslegungen des lateinischen Textes entschied.

Schon die Besetzung mit drei Trompeten und Pauken, jeweils zwei Flöten und Oboen samt Streichern und Basso continuo erweitert die des Vaters um zwei Hörner. Tradierte barocke Rhetorik geht hier eine Allianz mit frühklassischer Empfindsamkeit ein, nachzuerleben auf besonders eindringliche Weise in den Arien (z. B. in der Sopranarie Nr. 2 „Quia respexit“). Im dramatischen Chorsatz Nr. 4 „Et misericordia“ entfernt sich der Sohn vielleicht am weitesten vom kammermusikalischen Terzett in der Vertonung des Vaters, greift aber gleichwohl dessen gregorianisches Magnificat-Zitat auf, das die Duettpartien des Satzes kontrapunktiert. Den Schluss des Werkes krönt zur Doxologie eine veritable Doppelfuge, sicher als Reverenz an den Vater gedacht, und doch Lichtjahre von dessen Doppel-, Tripel- und Quardrupelfugen der gleichzeitig entstandenen „Kunst der Fuge“ entfernt.

Das „Magnificat“ wurde möglicherweise erst in den Hamburger Jahren Carl Philipp Emanuel Bachs aufgeführt; immerhin beschäftigte es ihn auch noch als reifen Komponisten, wie die Zweitfassung des „Et misericordia“ zeigt, auf die wir in unserer Aufführung nicht zurückgreifen. Dass Carl Philipp Emanuel Bach nicht nur der komponierende Sohn seines großes Vaters war, sondern selbst ein bedeutender Meister, der wohl berühmteste seiner Zeit (neben Telemann, seinem Taufpaten), das steht außer Zweifel , und dies belegt sein „Gesellenstück“, das „Magnificat“ auf eindrückliche Weise.
Zu Johann Sebastian Bachs (1685-1750) Kantate „Gloria in excelsis deo“

Um den ehrenvollen Titel eines Königlich-Sächsischen Hofkompositeurs zu erhalten, hatte Johann Sebastian Bach, Thomaskantor zu Leipzig, 1733 dem Dresdener Hof die Stimmen des „Kyrie“ und des „Gloria“ seiner (später vervollständigten) Messe in h-Moll übersandt.
Auf drei Sätze aus dem „Gloria“ griff Bach nach 1740 noch einmal zurück, um mit Hilfe des von ihm häufig praktizierten „Parodieverfahrens“ Musik für eine lateinische geistliche Kantate zu gewinnen. Den ursprünglichen Eröffnungssatz „Gloria in excelsis deo“ konnte er dabei fast wörtlich in die Kantate übernehmen. Größere Eingriffe dagegen waren für das Duett (ursprünglich „Domine deus, rex coelestis“) erforderlich, dem nun die ersten Worte der Doxologie „Gloria patri et filio et spiritui sancto“ unterlegt wurden. Für die übrigen Worte der Doxologie „Sicut erat in principio et nunc et semper et in saecula saeculorum. Amen“ bearbeitete Bach den Schlusschor des h-Moll-Messen-Gloria „Cum sancto spiritu…“.

Bewundernswert, wie nahtlos Bach gerade im 3. Satz der Kantate der Musik den textreicheren Wortlaut der Doxologie einarbeitet: Geschickte Deklamation bringt die Affekte von Vorlage und Parodie in Übereinstimmung, wenige hinzukomponierte Takte genügen, um etwas Neues, Gültiges aus dem vorgeformten Material zustande zu bringen. Die beiden virtuosen Durchführungen der fünfstimmigen Fuge bleiben nahezu unangetastet. Das groß besetzte Instrumentarium aus Flöten, Oboen, drei Trompeten, Streichern und Orgel übertragen den Glanz und den Jubel des Gloria auf die Festlichkeit der Weihnachtskantate. Gerade auch so wird wieder gegenwärtig, dass es der Lobgesang der Engel in der Nacht von Bethlehem war, der später in die Liturgie der Messe übernommen wurde.

Der genaue Anlass für die Entstehung der Gloria-Kantate ist ungewiss. Sie gehört jedoch in den großen Schaffenskomplex lateinischer Kirchenmusik Bachs, deren herausragende Beispiele – außer der Messe in h-Moll – die vier „Lutherischen Messen“, das „Magnificat“ und verschiedene „Sanctus“-Vertonungen darstellen, die daran erinnern, dass zu Bachs Zeit in Leipzig bei festlichen Anlässen (auch) in den evangelischen Gottesdiensten auf Latein musiziert und zelebriert wurde. Das Weihnachtsfest könnte ein solcher, naheliegender Anlass für die Entstehung der Kantate gewesen sein.

Hans Jaskulsky, 2019