Giora Feidman
Happy Birthday, Giora!
Das Konzert wird auf Samstag 16. Oktober 2021 verlegt. Tickets bleiben gültig.Der Maestro, der Versöhner, der Grand Seigneur des Klezmer … Giora Feidman wird 85!
Und als hätten sich alle guten Mächte wunderbar verabredet, fällt sein Festjahr zusammen mit dem 100. Geburtstag von Astor Piazzolla einerseits und der Feier von 1700 Jahren jüdischen Lebens in Deutschland andererseits.
Besser ließe sich, was Giora Feidman Zeit seines Lebens gespielt hat und gestiftet, in keine Jubiläen fassen. Und kein schönerer Grund ließe sich finden, Giora erneut unsere Bühne zu bereiten: Er geht wieder auf Tour, er kommt wieder zu uns, wir freuen uns wie Kinder und Kindeskinder auf Gioras “Tour 85”. Begleiten lässt er sich von dem Ensemble Klezmer Virtuos mit Konstantin Ischenko am Akkordeon, Nina Hacker am Kontrabass, Hila Ofek an der Harfe und Andre Tsirlin am Saxophon. Und wir rufen es schon mal mit dem jüdischen Geburtstagwunsch:
Mögest Du 120 werden, Giora, Du und Deine Frau!
Am 25. März 1936 also wird Giora Feidman in Buenos Aires geboren, einer Stadt, die damals war, was man New York nachsagt, ein melting pot der Sprachen und Sinne und Sounds. Kneipe und Klassik fließen zur Kunstform zusammen, es ist die Voraussetzung für das, was Astor Piazzolla erschafft, den Tango Nuevo. Feidman selber entstammt einer Familie der Klezmorim, die – als Juden verfolgt – aus der Moldau-Region nach Argentinien ausgewandert waren, in Buenos Aires darf er von Haus aus lernen, was Musik ist: kein System, auch keine Notatur, eher ein Gefäß, in das sich Sinn ergießt, das Erfahrungen umschließt, Verletzungen, Verheißungen. Mit 20 Jahren geht er, als Klarinettist bereits mit einigen Erfolgen, nach Israel in den damals gerade acht Jahre jungen Staat, heute sagt er:
“Erst als ich in Israel war, wurde mir bewusst, wie wichtig jüdische Musik für mich sein würde. Damals konnte ich noch nicht wissen, wie sehr diese Musik eines Tages mein Leben und meine Karriere als Musiker verändern und bestimmen würde.”
Was jüdische Musik – die des osteuropäischen Judentums, die Klezmer-Musik – was sie ausmacht, sind zwei Dinge: die Offenheit für alles, was sonst alles auf dieser Welt spielt, es sei Klassik oder Jazz, es sei geistliche oder Gossenmusik. Und das andere: Wer Klezmer spielt, versteht das Instrument als seine eigene Stimme: Ein Klezmorim trägt nicht vor und spielt nicht nach, er spielt immer im eigenen Namen und sucht den Dialog mit anderen. Das haben Klezmer und Tango und Jazz gemein und auch, dass alle diese Weisen, Musik zu machen, antiautoritär sind, sie taugen nicht zum Marschieren, sie scheren beständig aus. Anfang der 80er kommt Feidman nach Deutschland.
1984 war das, Peter Zadek inszeniert Joshua Sobols “Ghetto” in Berlin, da ist der Fernsehfilm “Holocaust” – und das schockhafte Erwachen der bundesdeutschen Öffentlichkeit – gerade einmal sechs Jahre her. Und ist es Giora Feidman, der – erstmals nach Jahrzehnten, erstmals nach Auschwitz – jüdische Musik zurück auf eine deutsche Bühne bringt. Jüdische Musik in der Stadt, die eben noch Reichshauptstadt war von jenem Land, das sich zwölf Jahre lang als tausendjähriges gab.
Und das hieß: Giora Feidman brachte jüdische Musik zurück in ein Land, das jetzt, in Feidmans Jubeljahr 2021, auf 1700 Jahre jüdischer Geschichte zurückblicken kann. Die erste urkundliche Erwähnung von Juden in dem Gebiet, das später Deutschland wurde, geht auf das Jahr 321 zurück, der römische Kaiser Konstantin gewährte Juden den Zugang in eine Stadt, es war hier nebenan, seit dem Jahr 321 gibt es Juden und Jüdinnen in Köln und Umgebung.
1700 Jahre, der Abgrund von Auschwitz, der die Geschichte zerteilt in eine Zeit davor und eine danach, und dann die eigenartige Kraft der Musik, die das, was war und ist und was sein könnte, wortlos vermitteln kann – das in etwa benennt, was Giora Feidman Zeit seines Lebens getan hat, er hat es sich und uns erspielt. Versöhnung ist ein großes Wort, wer es buchstabiert, gerät ins Stocken. Aber es hat einen Klang, dieses Wort, es hat ein Instrument und einen Virtuosen, der durch seine Klarinette hindurch erzählt, was Versöhnung meint: Giora Feidman ist der wohl berühmteste Klarinettist weltweit, er findet Klang auch da, wo Worte versiegen.
Ein Abend mit Giora Feidman und mit
Konstantin Ischenko | Akkordeon
Der 1978 in Russland geborene Konstantin Ischenko ist 1. Preisträger aller wichtigen Wettbewerbe für Akkordeon. Seine intensive Ausbildung an mehreren Konservatorien zahlt sich aus: Auf der ganzen Welt hat der Musiker schon Auftritte gespielt. Seit 2012 beehrt er auch Giora Feidman mit seiner musikalischen Begleitung.
Nina Hacker | Kontrabass
Die studierte Jazz- und Popularmusikerin wurde musikalisch von zahlreichen talentierten Kollegen, Bands und Projekten geprägt. An verschiedenen Musikschulen unterrichtet sie sowohl E-Bass als auch Kontrabass, coacht Bands und erarbeitete außerdem diverse CD-Produktionen und Theatermusik.
Hila Ofek
Die Harfenistin und mehrfache Preisträgerin von verschiedenen internationalen Wettbewerben wurde 1990 in Tel-Aviv, Israel, geboren. Als Solistin ist sie mit verschiedenen Orchestern wie dem Carlos Chaves Orchestra, den Jerusalem Symphony Orchestra und dem Raanana Symphonette Orchestra
aufgetreten. Auch hat sie bereits bei Aufnahmen von Giora Feidman und dem Gershwin Quartett mitgewirkt.
Andre Tsirlin
Der Saxophonist Andre Tsirlin wurde 1988 in Irkutsk, Russland, geboren. Er immigrierte 1991 nach Israel, wo er im Alter von 13 Jahren am Jerusalemer Konservatorium für Musik & Tanz sein Saxophonstudium begann. Als Solist spielte er bereits mit zahlreichen Orchestern, darunter unter anderem das Jerusalem Symphony Orchester und das St. Petersburger Kammerorchester.