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John

Das VPT interpretiert John Sinclair

Das VPT by Norman Tebel (c)

Einmal in allem Ernst gefragt : Was bedeutet das VP – Vollplayback – im T wie Theater? Einen Text nachsprechen, den andere geschrieben haben, das machen sie in allen Theatern dieser Welt und führen das Auswendiggelernte dann Abend für Abend auf, das VPT hat den immer gleichen Ton lediglich auf eine Spur gelegt. Vermutlich liegt hier die Beleidigung für alle gängigen Theater, die darauf halten, niemals Playback zu spielen: dass auch sie Texte abrasseln, die genauso gut vom Band kommen könnten.

Was sich das VPT so wenig gespart hat wie alle anderen Theater: das Interpretieren der Texte, das An- und Aus- und Umdeuten der Story, die kreative Manipulation. Die so passiert, dass nur kapiert, wer zur Ingroup zählt. Für Anfänger ist das VPT schwerer zu begreifen als MacBeth. Im Grunde braucht man ein Abo, aber keines für das VPT, eines für Popkultur, weil man das Besteck selber mitbringen muss, das man zum Verstehen braucht. Das VPT doziert nicht.

Was es von gängigen Theatern unterscheidet: dass es die Wuppertaler auf diese Weise schaffen, öffentliche Räume herzustellen. Sie also nicht besetzen wie eine Volksbühne, sie nicht übernehmen wie eine Intendanz, sie nicht bespielen wie einen Regelbetrieb, sie stellen ihre Öffentlichkeit so her, wie sie ihre Kulissen und Requisiten und Kostüme herstellen: selber. Bastelarbeit an einer demokratischen Öffentlichkeit.

Weil erst in ihr die VPT-Shows schreiend komisch werden, Lachen ist nicht leise, es will anstecken. Nur welchen Sinn soll das haben in einer Zeit, die ziemlich aus den Fugen ist? In der vor allem die Hamas, ihr bestialischer Terror gegen Israelis, “uns auf furchtbare Art und Weise gezeigt hat, wie prekär die Grundlagen der Moderne sind, die wir allzu leichtfertig für gegeben halten“? So hat es kürzlich Carsten Brosda formuliert, der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, seine Antwort:

Theater seien „gerade dann politische Orte, wenn sie nicht konkret Stellung zu drängenden Fragen nehmen oder gar zu einer bestimmten Form des Handelns auffordern, sondern wenn sie andere Welten spielen und uns so näherbringen. Dieses Spiel zeigt uns die Welt als eine veränderbare. Es verdeutlicht, wie es noch sein könnte, und schärft selbst in einer Dystopie das Bewusstsein dafür, dass mehr und anderes möglich ist als bloß die jetzige Welt mit all ihren Abgründen. Gerade wenn es unklar bleibt, verstört oder manchmal auch verletzt, öffnet sich das Theater der Erkenntnis.“

Und wenn es komisch wird? Was öffnet sich dann im Theater der Erkenntnis? Was passiert, wenn auch die Hamas „verstört“ und „manchmal auch verletzt“ und lustig lachen kann dabei? „Sie lachen, während sie uns töten“, sagte Arye Sharuz Shalicar, Sprecher der israelischen Armee.

Fakt ist, dass westliche Kultur  –  die sog. ernste ebenso wie die unterhaltende, die klassische wie die popkulturelle  –  sich ihre Zähne ausgebissen hat an Putins Russland und allen Mullahs und Hamas und Talibans dieser Welt.

Wenn sie bei sich selber bleibt, die Popkultur, dieses theatralische Vollplayback der Welt, dann zeigt sie uns keine Welt, wie sie ist und keine, wie sie sein sollte, sondern erinnert eine, wie sie einmal war. Mehr gibt es gerade nicht zu tun für die Kultur, entscheidend jetzt: dass sie sich rahmt, dass immer klar ist, in welcher Welt wir spielen, in der so viele sterben, weil sie unseren Spielraum verteidigen.

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Das VPT interpretiert John Sinclair

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