King Dude
Acoustic European Tour 2023
“A quick message about Death” sandte King Dude im Juni 2021 zusammen mit „much love to you“ aus seinen „Luciferian wastelands“. Death heißt das Projekt, das er, bürgerlich Thomas Jefferson Cowgill, über zwölf Jahre hinweg verfolgt hat, „I finally finished it. The final chapter in the King Dude song book is done.”
Allerdings sei es die Hölle gewesen, dieses Album einzuspielen, schreibt er weiter, das habe vermutlich mit dem Thema zu tun, “Death is rarely easy for the living“. Der Dude – der einzig andere neben The Big Lebowski – formuliert dies mit feiner Selbstironie, Cowgill hält seiner Kunstfigur die Treue, hält sie aber zugleich auf Abstand. Oder soll man sagen, er trage sie zu Grabe? Hinein ins Dunkel, hinaus ins Licht?
Ein Blick auf das Cover des Albums:
Ein Kreuz, der Querbalken nach rechts hin abgekippt, so dass es, schon klar, zur Naudiz wird, einer Rune aus dem altnordischen Arsenal, aber bevor man sich fragt, was jemand, der aus Kennewick stammt, einem 84 Tsd Einwohner-Städtchen in der nordöstlistchen Ecke der USA, mit altgermanischen Schriftzeichen assoziiert, wandert der Blick vom Fuß des Kreuzes einen geraden, deutlich gerahmten Weg hinauf durch ein Feuer hindurch, das alles in Popfarben verschlingt, eine dunkelschwarze Hand weist aus den Flammen heraus den Weg nach oben, der Blick folgt der Richtung und hält inne bei zwei gekreuzten, also nicht gekreuzigten Händen, die, bleichweiß gemalt, an die gefalteten Hände eines Toten auf der Bahre erinnern oder an die eines Menschen, versunken im Gebet – und den einen und anderen von ferne vielleicht an die Erschaffung des Menschen erinnern mögen, wie Michelangelo sie sich in der Sixtinischen Kapelle ausgemalt hat – , während der Blick weiter hinaufwandert Cowgills Antlitz entgegen, bärtig, hager, strähniges Haar fällt ihm ins Gesicht, die Augen geschlossen, ein schlafendes Antlitz, noch sterbend, schon tot und damit ganz offensichtlich eine Imitatio Jesu, darüber die Sonne im Zenit: Lebensweg und Leiden, Fülle und Freuden, Pathos und Pop, Sterben und Stille, das Dunkel und das Licht, der Tod und eine himmlische Sonne.
„Everybody goes to heaven“ heißt einer der Songs. Unter dem Kreuz – es ist eines, wer lässt sich auf einen altnordischen Buchstaben nageln? – steht “Death”, über dem Kreuz steht “King Dude”, alle 13 Buchstaben sind in jenen Farben gemalt, die auch das Feuer auszeichnen, es sind die Popfarben der 70er. Man hat King Dude und seinen dunklen Folk immer wieder mal mit Johnny Cash verglichen und Einflüsse von Nick Cave ausgemacht, vor wenigen Jahren hat Cowgill seine „Liebe zu Billy Idol“ gestanden und zu David Bowie und „ich liebe auch Leonard Cohens ‚I’m Your Man‘-Ära“.
Umso dringlicher, dass sich ein solches Panorama, wie er es zwischen Weltwerdung, Weltuntergang und Neuschöpfung spannt, musikalisch übersetzen lassen muss. Mit Death, the final chapter in the King Dude song book, setze Cowgill – „der Mephisto mit der Gitarre“, wie das OX Magazin ihn einmal mit freundlichem Respekt benamte – wieder “verstärkt auf traditionelle Band-Arrangements”, so das österreichische Musikmagazin Earshot, dessen Hörerlebnis wir hier nun weiter folgen:
„Nach dem instrumentalen ‚Death’s Theme‘ geht es mit ‚O‘ Darkness‘ eingängig und von Cowgills dunklem Baritongesang getragen los. ‚Her Design‘ tendiert in Richtung Post Punk, ‚Everybody Goes To Heaven‘ bietet eine Art Gothic/Country/Americana, beim elektronisch angehauchten ‚Sweet Death‘, einem der beiden Duette auf dem Album, kommt eine Spur Achtziger Jahre-Feeling auf. Aber auch klassischer Folk/Rock wie bei ‚Cast No Reflection‘ kommt nicht zu kurz.
Die Scheibe vereint musikalisch die von den bisherigen Alben bekannten Trademarks wie Folk, Rock, Americana, Blues, Gothic und Post Punk zu einer melancholischen Mischung. Die Nummern haben etwas Finales, man braucht sich nur die Songtitel anzusehen. Der Dude versucht einen Abschluss zu finden, mit sich ins Reine zu kommen. In seinen Texten beschäftigt er sich einmal mehr mit Gott, Satan, aber auch der aktuellen Weltlage (‚Pray For Nuclear War‘). Und ehe man sich versieht, endet das Album und die musikalische Reise von Thomas Jefferson Cowgill unter dem Banner KING DUDE mit dem melancholischen Pianostück ‚Lay Waste To The Human Race‘.
Dann wars das, der finale Vorhang ist gefallen, ein mehr als würdiger Abschluss. Danke für die großartige Musik! Und zurück bleibt die (nicht unbegründete) Hoffnung, in einer anderen Inkarnation bald wieder musikalisch von Herrn Cowgill zu hören.“
His final round?