Peter Heppner
Akustik Tour 2022
Konzert wurde vom 19. September 2020 und 14. Dezember 2021 auf diesen Termin verlegt.Zwei neue Alben auf einen Schlag? Wer soll das alles hören, wer hat denn soviel Zeit? Fragen, die Peter Heppner nicht interessieren, er interessiert sich für seine beiden Alben. Für „Confessions & Doubts“, sein Pop-Album, und für “Tanzzwang”, sein Dance-Album. Und wir treten erst einmal einen Schritt zurück:
Heppner ist eine Stimme, die jeder mal im Auto oder im Wartezimmer gehört hat. Und sie – das macht den Unterschied – erinnern kann. Eine sonore und immer etwas verschleppte Stimme, die nicht eigentlich sang, wie andere singen – also Höhen erklimmen und Tiefen durchwandern – sondern die einem ans Ohr rückte, als lese sie einen Brief vor. Heppner, in der Protestkultur der 80er aufgewachsen, wurde immer zur Dunklen Szene gerechnet, aber so düster war er nie, eigentlich war er immer eher Liedermacher. Und stand mit dem Pop auf Du und Du.
Soviel zu seiner Bio und den Wegen, die er zwischen den Szenen zurück gelegt hat. Jetzt zu seinen zwei Alben und den Wegen, die von einem zum anderen führen:
Am Anfang beider Alben standen zwei Dutzend Songs, die hatte Heppner überwiegend mit Dirk Riegner geschrieben. Die eine Hälfte romantisch-melancholischer Pop, die andere brachte die Autoren selber in Bewegung. Wann immer Heppner das Gefühl hatte, eins seiner Lieder müsse nun aber tanzbar werden, rief er Riegner das Codewort zu: „Tanzzwang!“:
„Es sollte uns beide, die wir wirklich keine Tänzer sind, dazu zwingen, tanzen zu wollen“,
sagt er. Jedes der zehn Lieder hat er in die Hand eines anderen Produzenten gelegt, so u.a. Apoptygma Berzerk, PixTom und Schiller. Die einzige Vorgabe war, das jeweilige Stück dem Plattentitel gemäß zu gestalten. Davon abgesehen galt für alle das Prinzip der Freiheit – und für Heppner darum das der Überraschung. Das Resultat ist ein fröhlich überraschender Dance-Sampler, der zwischen den Ideen der Produzenten und Heppners Songwriting auf und ab hüpft, zusammen gehalten von Heppners Stimme.
„Confessions & Doubts“ wiederum ist völlig anders. Klassischer Heppner, könnte man sagen, also romantisch in den Melodieführungen, tief in den Beats und kathartisch im Gesang. Und immer wieder ein Nachhall von Kraftwerk und von Jean-Michel Jarre, von Moog- und Prophet-Synths, von der Londoner Szene der frühen 80er-Jahre, Heppner spannt einen biographischen Bogen zwischen Early 80’s und heute …
Mehr als drei Jahrzehnte also, das geht in Richtung Lebenswerk. Es ist schillernd. Fragt man zehn Menschen, wer Peter Heppner sei, erntet man zehn verschiedene Antworten, er hat zehn und mehr Rollen inne, ist Sänger, Produzent und Komponist, ist Hörspielsprecher und Maler, ist die Stimme einiger Hits des Elektronik-Projekts Schiller, und er ist viel gespielte Duo-Hälfte von Wolfsheim und Witt/Heppner. Fragt man ihn selber, sagt er:
„Ich gab mir viel Mühe, mich als Künstler nicht festlegen zu müssen. Kunstwerke sind wie Geständnisse. Man kann viel über mich und meinen Charakter erfahren, wenn man sich mit meiner Musik beschäftigt. Auch Zweifel sind zentral, wenn man Kunst macht. Ich finde, dass der Albumtitel ‚Confessions & Doubts‘ mich als Künstler an diesem Punkt gut beschreibt.“
Und wagt sich an Themen heran, die alles andere als poppig anmuten. In „Was bleibt“ etwa geht es um Vergänglichkeit, in „Nebel“ – jetzt von der Tanz-Platte – wird ein Herman-Hesse-Text dunkel und warm vertont. Und dann das Lied „Theresienstadt hinter der Mauer“, inspiriert vom Musikdrama „Die Kinder der toten Stadt“, Heppner hat bei dem Projekt mitgearbeitet: Es erinnert an die ins KZ Theresienstadt verschleppten Kinder, die dort die Kinderoper “Brundibar” einstudiert und aufgeführt haben, bevor sie ermordet wurden …
Und dennoch. „…ich tanz’“, es ist der Versuch, dieser Welt mit Gefühlen zu begegnen. Die Songs der beiden Platten jedenfalls hat Heppner „nach Gefühl“ aufgeteilt, wie er erzählt, die beiden Alben arbeiten wie Gegenpole zusammen wie alles im Leben.