Conic Rose
urban urtyp #87
Sie sind zu viert, das steht fest, aber was sie machen? Es ist Indie, es ist Pop, ist Ambient und Electronica und jazzig und dabei immer das, was in betweeen heißt und wenig sagt. Beschreiben wir es also anders: 2 der 4 kommen aus der Band von Clueso, der höchste Töne anstimmt auf sie, die ihm, wie Clueso sagt, „charmant das Rampenlicht entreißen, ohne dass man danach hunderte Noten von der Bühne fegen muss“. Wenn Conic Rose spielen – akustische und E-Gitarre, Tasten, Bass, Drums und darüber die Trompete – zeigen sie eben nie auf sich selber, sondern auf das, was niemand sieht und alle hören.
Ob das nicht Berlin sei? „Hypnotische Stadtnachtfahrten“ und „lichtdurchflutete Sehnsuchtsorte“, so ein bisschen Babylon Berlin, die Roaring 20s plus M29, weil in Berlin doch selbst Nachtbuslinien heißen wie ein Maschinengewehr? Die Musik von Conic Rose spiele in einem „Niemandsland zwischen Traum und Wirklichkeit“, heißt es über sie, zwischen „Alltag und Flucht“.
Nein. Mit Berlin, wo Wörter wie Niemandsland und Flucht ein tödliches Thema waren jahrzehntelang, hat diese Musik wenig zu tun. Wenn es eine Stadt gibt, die sich in ihr erkennen lässt, dann Manchester. Wo GoGo Penguin herkommen und Mammal Hands und ein Sound, der – filmisch geschult – nicht auf Retro macht oder M29, sondern unbeaufsichtigt bleibt. Nicht wehleidig, sondern selbstbewusst. Der Sound von Conic Rose lebt nicht davon, das ihm alle um den Hals fallen, er hält auf Abstand gerade dann, wenn er sich einen Schuss Sehnsucht setzt.
Was die 4 ganz wunderbar können, sich einfühlen in Harmonien, das Einverständnis formulieren mit einer Welt, die sich als Parklandschaft entfaltet, und schon brechen sie beiläufig aus. Nie so brachial wie GoGo Penguin es tun, umso irritierender. Immer dieser Riss im Wohlbefinden, die Störgeräusche im Gewogenen, nie kann man sich sicher sein, ob das, was sie als Panorama entwerfen, noch Park ist oder schon Parkkralle, schon Manchester oder Mönchengladbach.
Wo Konstantin Döben aufgewachsen ist, der Mann, dessen Flügelhorn die Stimmung vorgibt im Manchester-Sound von Conic Rose, studiert hat er an der Folkwang Essen. Alles keine Sehnsuchtsorte, wenig hypnotisch, allenfalls auf verschlossene Weise verspielt, unterkühlt spirituell. Hört man das durchs Blech seiner Trompete? Es ist ein „nachdenklicher, sinistrer Ton“, wie Wolf Kampmann schreibt, er ist heiser, dieser Ton, als hätte er sich beim Rufen erschöpft, kein Signal mehr hinaus in eine hippe Welt, in der sich alle umarmen, dieser Sound ist nur sich selbst erzählt, einsam wie in Mönchengladbach. Oder Manchester, Hauptsache Italien.
Und es führt noch weiter weg von Berlin nach Hamburg, wo Johannes Arzberger herkommt, der die Keyboards spielt für Conic Rose und ebenso für Clueso, auch Silvan Strauss, der Drummer, ist Hamburg-based, die Bassistin Franziska Aller stammt aus dem Westerwald und Bertram Burkert, der Gitarrist, aus dem thüringischen Weimar … Wie klingt Conic Rose?
Wie improvisiert. Und das ist höchstmögliches Kompliment, „wie eine Rockband sitzen wir zusammen im Studio, irgendjemand nimmt etwas auf, die anderen geben ihren Senf dazu, und plötzlich wird etwas daraus“, sagt Konstantin Döben über Conic Rose, „irgendwann wächst es zu einem Gesamtsound.“